2. Jahrestreffen des Internationalen Netzwerkes „Fair Trade in Tourism“: Fairer Handel im Tourismus ist eine Frage des Überlebens
Über fünfzig VertreterInnen aus aller Welt – zu knapp zwei Dritteln aus der Tourismusindustrie – kamen vom 20. bis 22. November 2000 in London zusammen, um über die korporative soziale Verantwortung der Tourismusindustrie zu diskutieren und Erfahrungen in der Umsetzung des Fair-Handels-Konzepts im Tourismus auszutauschen. Organisiert wurde das Treffen von der britischen Organisation Tourism Concern, welche die Vernetzung von „fair operierenden“ Tourismusprojekten seit zwei Jahren vorantreibt. Fairer Handel im Tourismus ist kein Almosen, sondern eine Frage des Überlebens, machten die Voten der Teilnehmenden klar. Das Konzept des Fairen Handels sei im Kontext des globalen Handelssystems und seiner flankierenden Handelsabkommen (z.B. GATS) zu sehen.
Aus Sicht der anwesenden TourismusanbieterInnen aus dem Süden stellen vor allem der Marktzugang und das Marketing-Know-How eine grosse Herausforderung dar. Nicht selten fehlt es den Menschen im Süden an eigenen Reiseerfahrungen; viele können sich kaum vorstellen, welche Erwartungen die TouristInnen mitbringen und welche Angebote sie interessieren könnten. Anzustreben wäre – so der Tenor des Treffens – ein verstärkter Süd-Süd-Austausch, der es den lokalen ProjektmitarbeiterInnen ermöglicht, von den Erfahrungen anderer Tourismusprojekte zu lernen und eigene Reiseerfahrungen zu machen. Auch der Austausch mit dem Norden – insbesondere die Idee eines Berufspraktikums bei Reiseveranstaltern – stiess auf reges Interesse. Am allerwichtigsten sei es allerdings, in den einzelnen Regionen Netzwerke oder gar institutionelle Organisationen aufzubauen, welche sich Fair-Handels-Kriterien verschreiben und den lokalen AnbieterInnen und Gemeindeorganisationen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ein Beispiel dafür ist das 1995 gegründete Ressource- und Vermarktungszentrum NACOBTA („Namibia Community Based Tourism Association“), das gemeindebasierte Tourismusprojekte in Namibia berät, weiterbildet, koordiniert und in der Vermarktung unterstützt (vgl. akte-Kuna 3/1997). Durch ihre Mitgliederbasis hat die Organisation eine wesentlich bessere Verhandlungsposition gegenüber Regierung, Reiseveranstaltern und Hoteliers als einzelne Projekte. Ähnliche Wege beschreitet die philippinische Non-Profit-Organisation ASSET („Accessing Support Services and Entrepreneurial Technology Inc.“), welche Gemeinden und NGOs bei der Konzeption und Umsetzung eines nachhaltigen Tourismus unterstützt und dazu ein Handbuch herausgegeben hat. Seit Januar 2000 ist ASSET auch im afrikanischen Gambia präsent, doch hier steht der gleiche Name für einen Zusammenschluss von Kleinunternehmen („Association of Small-Scale Enterprises in Tourism“). Diese wollen mit Beratung, Koordination und Lobbyarbeit erreichen, dass Kleinunternehmen vermehrt an dem von ausländischen Grossunternehmen dominierten Tourismusgeschäft teilhaben und dadurch ein grösserer Anteil der Bevölkerung Gambias vom Tourismus profitiert.
Nach einer einjährigen Vernehmlassungsphase präsentierte Tourism Concern einen bereinigten Entwurf der Fair-Handels-Kriterien im Tourismus. Die Definition gilt als vorläufig; weitere Konsultationen – vor allem im Süden – sind vorgesehen. In den nächsten Monaten machen sich die im Netz-werk vertretenen britischen Reiseveranstalter unter der Leitung von Tourism Concern daran, die Kriterienliste auf wenige Kernprinzipien (Schwerpunkt Arbeitsbedingungen) herunterzubrechen und einen Aktionsplan für die Reiseindustrie zu entwerfen. Bis Ende 2001 will Tourism Concern einen „Action Guide“ für die Reiseindustrie und einen „Good Practice Guide“ für NGOs entwickeln. /frei
Quellen: Tagungsunterlagen, 20.-22.11.2000; Dokumentationen der anwesenden Organisationen; eigene Recherchen
Weitere Informationen:• I. ASSET in Gambia, Kontaktperson: Adama Bah, The Gambia Tourism Concern, c/o Bungalow Beach Hotel, P.O. Box 2066, Serrekunda, The Gambia/West Africa, Tel: 0022 465288, e-mail: bahs@qanet.gm• II. ASSET, Room 100-E, Philippine Social Science Center (PSSC) Bldg., Commonwealth Ave., Diliman, 1101 Quezon City, Philippines, Tel: (063) (2) 9229621, Fax: (063) (2) 9244220, e-mail: asset@pacific.net.ph• III. NACOBTA, PO Box 86099, Windhoek, Namibia, Tel: +264 (0)61 250558, Fax: +264 (0)61 222647, e-mail: nacobta@iafrica.com.na• IV. Tourism Concern, Stapleton House, 277-281 Holloway Road, London N7 8HN, Grossbritannien, Tel: +44 (0)20 7753 3330, Fax: (0)20 7753 3331, e-mail: info@tourismconcern.org.uk, www.tourismconcern.org.uk