Die Schweiz war schon am ersten Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in Stockholm 1996, wie auch am zweiten Weltkongress in Yokohama präsent. Karolina Frischkopf, Leiterin der Fachstelle ECPAT Switzerland der Stiftung Kinderschutz Schweiz, reiste als Mitglied der Schweizer Delegation unter der Leitung des stellvertretenden EDA-Staatssekretärs Pierre Helg nach Rio.
Basel, 11.02.2009, akte/
Wie hat sich die Schweiz in die internationale Diskussion in Rio eingebracht?
Sie hat in einer Ansprache vorgestellt, was die Schweiz in Sachen Schutz von Minderjährigen gegen sexuelle Ausbeutung unternimmt und wo sie internationale Herausforderungen sieht. Einige Massnahmen, die in der Schweiz bereits umgesetzt werden, können weltweit zu den Best Practices gezählt werden.

Da ist das Meldeformular sicher auf Interesse gestossen.
Die Schweiz hat in drei Gebieten Best Practice vorzuweisen: Ganz neu ist das Meldeformular, über das Zeugen, die eine sexuelle Ausbeutung Minderjähriger in Feriendestinationen vermuten oder feststellen, ihre Beobachtungen der Bundespolizei melden können. Das gibt es von einer offiziellen Stelle aus noch in  keinem anderen Land. Seit 2003 gibt es auch die Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internet-Kriminalität (Kobik) mit ihrem Meldeformular für Kinderpornografie. Eine weitere Best Practice besteht in der freiwilligen Blockierung von kommerziellen Kinderpornografiewebsites durch Access Internet Service Provider (AIPS).

Sind beim Meldeformular für die Beobachtung von kommerzieller sexueller Ausbeutung Minderjähriger im Tourismus überhaupt schon Meldungen eingegangen?
Obwohl das Meldeformular erst Mitte September aufgeschaltet wurde und die Reiseunternehmen noch nicht Zeit hatten, ihre Mitarbeitenden und die Kundschaft ausführlich darüber zu informieren, gab es bis zur Branchenfachmesse TTW im Oktober schon einige Meldungen. Erst dieses Jahr werden die Ferienreisenden systematisch von denjenigen Schweizer Unternehmen informiert, die den Verhaltenskodexes zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus unterzeichnet haben. Das sind bis jetzt Hotelplan, Kuoni, Accor, Globetrotter und seit dem TTW 2008 der Schweizerische Reisebüroverband SRV. Der SRV druckt ein Informationsmaterial, welches allen seinen Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird und mit dem Ferienreisende über den Verhaltenskodex und das Meldeformular informiert werden.

Wie steht denn die Schweiz mit ihren Massnahmen im internationalen Vergleich da?
Die Schweiz liegt im europäischen Mittelfeld. In einigen Bereichen haben wir mehr umgesetzt, als am Weltkongress verlangt wurde, in anderen sind wir im Rückstand. Zum Beispiel beim Aktionsplan: Seit dem ersten Weltkongress in Stockholm 1996 wäre es Aufgabe jedes Landes gewesen, einen Aktionsplan mit verbindlichen Zielen und klaren Erfolgsindikatoren auszuarbeiten. Den hat die Schweiz bis heute nicht vorgelegt. In Bezug auf den Kindersextourismus gibt es von unserer Seite zwei Forderungen an die Regierung: Erstens müssen Rechtshilfeabkommen mit allen von Kindersextourismus betroffenen Ländern abgeschlossen werden, damit die Strafverfolgungsbehörden in Fällen von Schweizer Kindersextouristen schnell und unkompliziert zusammenarbeiten können. Zweitens braucht es die flächendeckende Umsetzung des Verhaltenkodexes in der gesamten Schweizer Reisebranche. Die Unterschrift des Schweizerischen Reisebüroverbands letzten Oktober war ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

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