4500 Hmong von Thailand nach Laos abgeschoben
Zwischen Weihnachten und Neujahr 2009 spielten sich im thailändischen Flüchtlingslager in Huay Nam Khao dramatische Szenen ab. Es war der Höhepunkt eines verzweifelten Tauziehens von westlichen Regierungen und Menschenrechtsorganisationen mit Laos und Thailand um die Zukunft Tausender laotischer Hmong-Flüchtlinge.
Am frühen Morgen des 28. Dezember 2009 begannen rund 5000 thailändische Beamte und Soldaten, das Flüchtlingslager im nordthailändischen Huay Nam Khao zu räumen. Die über 4500 Hmong – Männer, Frauen, Kinder – wurden in einer 24-stündigen Militäroperation in Lastwagen und Busse verfrachtet und über die Grenze nach Laos gebracht. Kurz vor der Abschiebung konnte Mao Kao Thao aus St. Paul in Minnesota (USA) noch mit seinem Bruder im Flüchtlingslager Huay Nam Khao telefonieren. "Er weinte so sehr, weil er nach Laos zurück musste", sagte der 58-jährige Thao, der wie viele andere laotische Hmong während des Vietnamkriegs in Laos auf Seiten der USA gegen die Kommunisten gekämpft hatte. "Er hat Alpträume, dass er, wenn er in Laos zurück ist, gefoltert oder getötet wird." Thailand erlaubte weder Journalisten noch Mitarbeitern des UNO-Flüchtlingshilfswerks oder von Hilfsorganisationen, die Deportationen zu begleiten. Laos versprach, dass die Hmong entgegen aller Befürchtungen nicht verfolgt werden würden. Doch die Volksrepublik hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Zu oft berichteten nach Laos abgeschobene Hmong, teilweise sogar Mädchen im Teenageralter, von willkürlicher Gefangenschaft, Erniedrigungen und Misshandlungen.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Die meisten Flüchtlinge sollen inzwischen in "Modelldörfern" angekommen sein. Doch es gibt auch unbestätigte Augenzeugenberichte, dass rund 20 Hmong auf dem Weg nach Laos aussortiert und in separate Gefängnisse gebracht worden seien. Bisher konnte nicht offiziell überprüft werden, wie viele Hmong in Thailand das Lager verlassen mussten und wie viele in Laos angekommen sind. Die UNO und Menschenrechtsorganisationen wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verlangen von Laos und Thailand vollständige Personenlisten sowie detaillierte Auskunft über den Abschiebungsprozess und die derzeitigen Aufenthaltsorte aller Betroffenen. Ihren Mitarbeitern soll uneingeschränkter Zugang zu den Hmong gewährt werden, damit sie sich vor Ort selbst ein Bild von der Lage machen können. In besonderer Gefahr sind die Dschungel- Hmong, von denen sich viele unter den Deportierten befanden. Sie werden in Laos bis heute verfolgt, weil sie selbst oder ihre Vorfahren während des Vietnamkriegs vom amerikanischen Geheimdienst CIA rekrutiert worden waren. Nach dem Sieg der kommunistischen Pathet Lao 1975, die bis heute an der Macht ist, flohen Hunderttausende von ihnen aus Angst vor Rache in die USA, nach Thailand, oder sie versteckten sich im Urwald. Bis heute harren einige Tausend von ihnen dort aus und sind ständig auf der Flucht vor den Militärs, die sie vom Boden und aus der Luft aufzuspüren versuchen. Immer wieder werden vor allem Kinder und Frauen getötet, weil sie nicht so schnell laufen können. Heimlich aus dem Land geschmuggelte Fotos und Videos zeigen Bilder von verstümmelten Leichen. Die Verfolgung hält bis heute an. Deshalb war auch der Flüchtlingsstrom der Hmong nach Thailand bis zum Dezember 2009 ungebrochen.
Druck auf Laos notwendig
Für eine Umsiedlung in Drittländer scheint es zu spät zu sein. Jetzt kann man nur noch die Sicherheit der Hmong und deren internationale Überwachung einfordern. Dafür muss Laos unter Druck gesetzt werden. Denn Chu Pheng Lee aus Minnesota, der bereits mit einigen der Deportierten telefoniert hat, weiss, dass viele der Hmong jetzt in Laos um ihr Leben fürchten.
Dieser Beitrag erschien im Magazin Voice Ausgabe 1/2010 der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz, Wiesenstrasse 77, CH-3014 Bern, Tel. +41 (0)31 311 90 08, Fax +41 (0)31 311 90 65; info@gfbv.ch, www.gfbv.ch;