70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Was Sie schon immer wissen wollten
1. Wer entscheidet, was ein Menschenrecht ist?
Menschenrechte sind Rechte, die jedem einzelnen Menschen allein aufgrund seines Menschseins gleichermassen zustehen. Die modernen Menschenrechte, auf die sich auch Amnesty International bezieht, wurden von den Staaten in Konventionen und Abkommen verbrieft. So zum Beispiel in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, später im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und im Uno-Sozialpakt, in der Frauenrechtskonvention und in vielen weiteren Abkommen. Die Uno-Generalversammlung kann sich mit neuen Resolutionen für weitere Menschenrechte aussprechen, so kam zum Beispiel 2010 das Recht auf sauberes Wasser dazu. Die Menschenrechte sind also nicht für alle Zeiten in Stein gemeisselt, sondern es handelt sich um einen Katalog von Rechten, den die Staaten weiterentwickeln können.
2. Und wer entscheidet, was eine Menschenrechtsverletzung ist?
Die Menschenrechte verpflichten in erster Linie die Staaten. Diese dürfen die Menschenrechte nicht verletzen und sie müssen gewährleisten, dass Menschen sich gegen Übergriffe des Staates vor einem Gericht zur Wehr setzen können. In vielen Bereichen müssen die Staaten ausserdem besondere Leistungen erbringen, sei es im Bereich der Verfahrensrechte, der Sozialrechte oder der politischen Rechte. Verschiedene Institutionen innerhalb der Staaten überwachen die Einhaltung der Menschenrechte, sie stellen also auch fest, wenn eine Menschenrechtsverletzung vorliegt. Daneben gibt es eine Vielzahl internationaler Überwachungsmechanismen. Besonders bedeutsam sind dabei die Ausschüsse zu den einzelnen Konventionen (zum Beispiel der Kinderrechts-Ausschuss), die internationalen Strafgerichte und die regionalen Gerichtshöfe für Menschenrechte wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
3. Was ist eine Menschenrechtsverteidigerin?
MenschenrechtsverteidigerInnen sind Menschen, die sich alleine oder gemeinsam mit anderen gewaltfrei für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte einsetzen. Oftmals sind sie für die Rechte Dritter und nicht für ihre eigenen Rechte aktiv. Manche von ihnen leben gefährlich, da Regierungen, Unternehmen oder bewaffnete Gruppen nicht wollen, dass ihre Machenschaften aufgedeckt werden. Hinter dem langen Wort "MenschenrechtsverteidigerIn" steckt also ein Mensch mit viel Mut und oft mit einer sehr bewegenden Geschichte.
4. Gelten Menschenrechte auch für Terroristinnen oder Kindsmörder?
Menschenrechte gelten für jeden Menschen. Natürlich kann der Gedanke schwer erträglich sein, dass auch der Verursacher abscheulichster Verbrechen noch Rechte hat. Aber: Wenn wir die Rechtsstaatlichkeit aufgeben, leiden wir am Ende alle darunter. Werden einem Menschen die Menschenrechte abgesprochen, öffnet das Tür und Tor für Willkür, rasch sind dann auch anderen Gruppen die Rechte aberkannt. Der Einsatz für die Menschenrechte bedeutet übrigens nicht, dass man nichts gegen Terrorismus tun kann. Aber die Bekämpfung von Terror muss im Einklang mit den Menschenrechten stattfinden.
5. Sind Menschenrechte nicht eine Idee aus dem Westen, die gar nicht für den Rest der Welt passt?
Die menschliche Würde hat auf der ganzen Welt einen hohen Stellenwert. Auch die Idee von Menschenrechten ist global verbreitet. In der Arbeitsgruppe, die die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte entworfen hat, sassen Vertreter verschiedener Regionen der Welt. Die Uno-Generalversammlung nahm ihren Entwurf 1948 ohne Gegenstimme an. Seither haben die meisten Länder die wichtigsten Menschenrechtsabkommen unterzeichnet. Die Kritik, die Menschenrechte seien eine Erfindung des "Westens", kommt häufig von Regierungen, denen es nicht passt, dass alle Menschen in ihrem eigenen Land Freiheiten und Rechte haben.
6. Gibt es seit 1948 überhaupt Fortschritte bei den Menschenrechten?
Ja. Viel mehr Menschen können zum Beispiel heute ihr Recht auf Bildung oder ganz grundsätzlich das Recht auf Leben geniessen: Die Kindersterblichkeit ist gesunken. Die Todesstrafe ist dramatisch auf dem Rückzug (siehe Grafiken). Auch in anderen Bereichen, etwa bei extremer Armut, Kriegsopfer oder der Lebenserwartung, gehen die Zahlen in eine positive Richtung.
7. Was nützt der Einsatz für die Menschenrechte? Helfen Papier und Bleistift wirklich gegen Unrecht?
Unser Einsatz nützt tatsächlich. Gemeinsam können wir die Welt gerechter machen. Briefaktionen zum Beispiel können wesentlich dazu beitragen, die Situation der Betroffenen zu verbessern: Bei einer systematischen Auswertung der "Urgent Actions" von Amnesty International zeigte sich, dass in gut einem Drittel der Fälle auf die erste Forderung eingegangen wird. Briefe sind ein wichtiges Zeichen der Solidarität nicht nur für die Betroffenen selber, sondern auch für deren Familien und ihr Umfeld. Petitionen und öffentliche Aktionen wiederum erhöhen den Druck auf die Adressaten, etwas zu tun. Wenn die ganze Welt von einem Verbrechen weiss, ist es schwierig, die Tat unter den Teppich zu kehren. Schon Amnesty-Gründer Peter Benenson schrieb: "Regierungen gehen nur dahin, wo die öffentliche Meinung hinführt."