David, worum geht es in dem Film «Der Bär in mir«?

Der Filmemacher Roman Droux nimmt uns mit auf eine Reise ins äusserste Alaska, in das Land der Grizzlys. Ein Küstengebirge, umgeben von endlosen Stränden und Ebenen. Eine Welt, in der die Bären das Sagen haben und wo keine Spur menschlicher Zivilisation zu finden ist. Dort haben wir uns gemeinsam auf die Suche nach einem Bärenmännchen und einer jungen Bärin gemacht, zu denen ich in den Jahren zuvor eine enge Bindung aufbauen konnte: Balu und Luna. Wir erlebten die Fürsorglichkeit einer ausgehungerten Bärenmutter, die entkräftet versuchte, ihre Jungen durchzubringen. Wir haben blutige Kämpfe riesiger Bärenmännchen beobachtet und wurden Zeugen eines tragischen Überlebenskampfs der wehrlosen Bärenkinder.

Wie ist die Idee für den Film entstanden?

Nach einem meiner Vorträge hat mich Roman angesprochen. Wir haben uns dann immer wieder getroffen und so besser kennen­gelernt. Er wollte den Bären selbst auf Augenhöhe begegnen und dadurch meinen unbeschreiblichen Gefühlen für diese Tiere auf den Grund gehen. So begleitete mich Roman einen Sommer lang in der unberührten Wildnis. Fernab der Zivilisation erlebten wir gemeinsam den Kosmos der Bären in all seinen Dimensionen und Roman lernte die Bären kennen, die so vielfältig sind wie wir Menschen: als scheue, vorwitzige, neugierige, vorsichtige, aufmerksame Individuen.

Warum faszinieren dich Bären so sehr?

Als Kind war der Bär für mich ein gefährliches, unberechenbares Wildtier, das lethargisch hinter Gittern hin- und herläuft. In der Wildnis von Alaska lernte ich dann jedoch ein Geschöpf kennen, das sehr differenzierungsfähig ist. Jedes mit individuellem Charakter. Der Bär ist für mich zur faszinierenden Manifestation unberührter Natur geworden – ein Symbol für die Wildnis. Bären sind einfach Bären – sie sind weder unsere Feinde noch unsere Freunde. Die Begegnungen mit Bären machten mir bewusst, wie wertvoll von uns Menschen unberührter Lebensraum ist und dass eine solch naturnahe Wildnis nur intakt ist, solange wir Menschen nicht ausbeuterisch eingreifen und respektvoll mit ihr umgehen.

Ist die Arbeit mit Bären gefährlich?

Es gibt einige Regeln, die man unbedingt beachten muss – dann ist die Arbeit nicht gefährlich. Dazu gehört zuallererst Respekt: Behandle die Tiere stets so, wie du selbst auch behandelt werden möchtest. So wie in jedem anderen fremden Land musst du auch im Land der Bären potenziell gefährliche Situationen vermeiden. Dazu gehören die Wahl des Lagerplatzes, ein Elektrozaun, das Tragen von Bärenabwehrmitteln, das Verhalten im Feld, um beispiels­weise kein Tier in unmittelbarer Nähe unbeabsichtigt zu überraschen, und ein äusserst vorsichtiger Umgang mit Lebensmitteln. Ausserdem braucht es eine gewisse Portion Mut und das Vertrauen in die Tiere, um sie so nah an sich rankommen zu lassen. Die Bären sollen stets selbst entscheiden, wie sehr sie sich einem Menschen annähern möchten.

Wie hast du Romans ersten Bärenkontakt erlebt?

Ich war erstaunt, wie schnell sich Roman an die Nähe der Bären gewöhnen konnte. Er hat rasch realisiert, dass Bären Wildtiere sind und nicht hinter dem Busch auf uns lauern. Er strahlte eine innere Ruhe aus, die wichtig ist, wenn sich neugierige Bären annähern. Ich könnte mir nicht mit jedem Kameramann vorstellen, unter den Bären zu weilen. Der gemeinsame Sommer in der Wildnis hat uns zusammengeschweisst. Über die Jahre sind wir gute Freunde geworden.

Infos: «Der Bär in mir»

Die Bergkette der Aleuten, zu der viele inaktive und einige aktive Vulkane gehören, durchzieht die gesamte Halbinsel von Alaska. An der Südostflanke befindet sich die Katmai-Küste. Genau dort erfüllte sich für den weit gereisten Filmemacher Roman Droux ein Traum: Für drei Monate tauchte er in die Welt jenes Fabeltiers ein, das ihn seit seiner Kindheit fasziniert. Der bekannte Bärenforscher David Bittner nahm ihn mit in das Land der Bären. Das Ergebnis dieser Reise: der Film «Der Bär in mir». Ab heute, 12. Dezember, ist der Film in den Schweizer Kinos. Infos: derbaerinmir.ch