Afrika-Cup, Fussball-WM: Endlich Berichterstattung zu Afrika – aber welche?
Basel, 08.04.2010, akte/ Gemäss der Zeitschrift New African ist Fussball Afrikas dritte Religion nach dem Christentum und dem Islam. Die Gelegenheit also, einer grossen Öffentlichkeit Bilder zu vermitteln, welche die Meinung der Herrschenden am besten portieren.
In Angola wollte die MPLA-Regierung der internationalen Gemeinschaft mit der Organisation des Afrika-Cups eine Nation zeigen, die acht Jahre nach Ende des 27-jährigen Bürgerkriegs, bei dem gegen eine Million Menschen starben, vier Millionen Menschen vertrieben und Millionen Menschen verstümmelt wurden, auf dem Weg zu Frieden und Wohlstand sei. Eine Milliarde US-Dollar liess Angolas Regierung es sich kosten, der Welt das neue Angola zu präsentieren: für Afrikas Fussball-Meisterschaft, den Africa Cup of Nations (CAN), wurden brandneue Stadien, Strassen, Hotels und Krankenhäuser gebaut.
Noch teurer wird die Fussball-WM, die vom 11. Juni bis zum 11. Juli in Südafrika stattfinden wird. Es wird die teuerste je abgehaltene WM, mit geschätzten Kosten 15 Milliarden Euro allein für die Infrastrukturen. Die Regierung will signalisieren: Aus dem früheren Apartheidstaat ist eine Regenbogennation geworden, in der verschiedene Kulturen friedlich zusammenleben. Südafrika ist sicher, modern, ein Land, in das zu investieren sich lohnt.
Europäische Klischees sind hart zu knacken
In Europa erwarten wir entweder Afrika-Bilder von armen, korrupten, rückständigen und Krisen geschüttelten Ländern mit brutalen Regimes oder touristische Safari und Folklorebilder. Welche Vorstellungen werden die Medienberichte an der WM 2010 bedienen? Das Afrika-Klischee von Gewalt, Rückständigkeit und Defiziten oder das verklärte folkloristische? Oder werden afrikanische Länder und Menschen für einmal nach den gleichen Kriterien dargestellt wie europäische? Wie hätten wir in der Schweiz reagiert, wenn die Berichterstattung zur Euro08 von Beiträgen zu Steuerhinterziehung, schlechteren Bildungschancen für Kinder aus armen Familien, menschenrechtswidriger Behandlung von Migranten usw. dominiert gewesen wäre?
Andererseits ist guter Journalismus keine Hofberichterstattung. Es gehört berichtet, wenn die angolanische Regierung für die CAN ganze Quartiere auflöst und die Betroffenen ohne Kompensation vertreibt. Oder wenn die südafrikanische Regierung informelle Siedlungen in der Ebene vor Kapstadt in „Übergangslager“ verfrachtet, weg vom Blick der WM-Besucher. Es muss darüber nachgedacht werden, was es bedeutet, wenn ein Land wie Angola, in dem immer noch die grosse Mehrheit mit zwei Dollar und weniger pro Tag auskommen muss, Milliardenbeträge für ein Fussballturnier aufwendet.
Um nebst Plakativem und Klischiertem auch Zwischentöne zu erkennen, muss man genauer hinschauen. Dazu laden Sie in diesen Monaten verschiedene Organisationen ein:
- Der Faire Handel im Südafrikanischen Tourismus trägt zur Überwindung der wirtschaftlichen Apartheid bei. Wie das funktioniert und was das mit der WM zu tun hat, erfahren Sie auf derSüdafrika-Plattform von fairunterwegs.org – nebst vielen Hintergrundinformationen und Beispielen.
- Die Kampagne für Entschuldung und Entschädigung des Südlichen Afrika, KEESA, zeigt auf, wie Opfer der Apartheid heute leben und wo die Aufarbeitung des "unfinished business" steht.
- Faire Spielregeln braucht es an der WM, aber auch generell im Fairen Handel – www.fairspielt.ch gibt Inspirationen dazu.
- Fussball hat den Anspruch, Völker zu verbinden. In Südafrika ist die Bildung einer Gesellschaft, zu der sich alle Bevölkerungsteile zugehörig fühlen, besonders wichtig. Wie das geschehen kann, darüber informiert www.anstoss2010.org. Teil der Kampagne ist ein Turnier verschiedener CEVI-Fussballteams, am 5./6. Juni. Die Turniereinnahmen fliessen zur Hälfte in Projekte in Südafrika, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.