Stefan Gössling, Professor für Service Management und Service Studies an der Universität Lund, räumt mit liebgewordenen Mythen der Tourismuswirtschaft auf: Trotz bereits umgesetzter und realistisch geplanter Effizienzsteigerung wird der Ressourcenverbrauch ebenso wie der CO2-Ausstoss durch den Tourismus in den nächsten Jahrzehnten exponentiell zunehmen. Die globale Entwicklung und Förderung des Tourismus wird mit den wirtschaftlichen Effekten gerechtfertigt. Doch neuere Studien zeigen, dass diese Effekte insbesondere in Entwicklungsländern oft vernachlässigbar oder gar negativ sind. Denn nicht nur erschweren Landnahme, übermässige Beanspruchung von Strom-, Wasser- und Nahrungsressourcen sowie Verschmutzung oder Artenverlust andere Wirtschaftstätigkeiten. Wenn die Klimaziele wegen der zunehmenden Fliegerei nicht erreicht werden, gefährden Dürren, Überflutungen und Extremereignisse das Überleben von Millionen von Menschen. Von diesen Folgen sind die 97 % der Menschheit, die nicht Fliegen, überdurchschnittlich betroffen. Gössling wünscht sich, dass Verantwortliche in Politik und Wirtschaft die Fakten ehrlicher auf den Tisch legen und diskutieren, statt diese bedrohlich Entwicklung mit Stichworten wie nachhaltigen Tourismus oder ressourcenneutrales Wachstum zu verschleiern.

Chancen und Herausforderungen für die Tourismusbranche

Antje Monshausen, Leiterin von Tourism Watch-Brot für die Welt, stellt die Bedeutung der Agenda 2030 für den Tourismus heraus. Diese Nachhaltigeitsagenda, die letzten September von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde, stellt das "Business as usual"-Szenario der Tourismusbranche grundsätzlich in Frage und bietet die Chance zu ihrer Wandlung. In Agenda 2030 ist der Tourismus zum einen direkt erwähnt: Als eine Branche, in der Nachhaltigkeitsinitiativen sowie die nachhaltige Nutzung der Ressourcen in kleinen Inselstaaten gefördert und nachhaltige Konsum- und Produktonsmuster entwickelt werden sollen. Zudem soll es Instrumente zur Messung der Auswirkungen eines nachhaltigen Tourismus geben, die Arbeitsplätze schaffen und die lokale Kultur und Produktion fördern. Zum anderen ist die Agenda 2030 insgesamt ein Referenzrahmen: Die Branche muss ausweisen, welche Wirkung die Pflege des Luxusgutes Tourismus auf die Erreichung aller 17 Ziele und 169 Unterziele hat.
Doch die Umsetzung ist heute noch durch verschiedene Barrieren behindert. Die Fixierung der Staaten auf das Standortmarketing behindert eine weitsichtige globale und lokale Gestaltungspolitik –  zu der auch die Berücksichtigung der Wirkung des Outgoing-Tourismus gehören würde. Die mangelnde Regulierung der Branche und die Subventionierung des Flugverkehrs setzen die falschen Anreize. Wie ein nachhaltiges Konsumverhalten entwickelt werden soll, ist heute noch eine offene Frage: Die repräsentative Umfrage der Forschungsgemeinschaft für Umwelt und Reisen e.V. hat ergeben, dass von 61 % der Befragten, die gerne nachhaltige Reisen möchten, nur 28 % bei der Wahl der Reiseangebote Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, und lediglich zwei Prozent tatsächlich solche Angebote buchen. Es wird von Bedeutung sein, ein Urlaubs- und Freizeitverhalten zu bewerben, das sich von Ressourcenverbrauch befreit und sonannten Suffizienzansätzen entspricht.

Ziele für die Reichen

In der Diskussion nimmt das Publikum die Denkfäden auf und spinnt sie weiter: Die UN Welttourismusorganisation hat das Jahr 2017 zum Internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung ausgerufen. Das ist eine Gelegenheit, um Bund und Tourismuspromotoren auf die blinden Flecke in der Wahrnehmung der globalen Nachhaltigkeitsziele aufmerksam zu machen. Der prominenteste davon sind die "Ziele der Reichen": Der Bund wird Ziele der Agenda 2030 im Rahmen der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit und mit den Umweltämtern umsetzen. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass die Schweizer Bevölkerung Reiseweltmeisterin ist: 87 % leisten sich Urlaub, fast zwei Drittel der Reisen führen ins Ausland, 1,5 Millionen der 22 Millionen Reisen haben aussereuropäische Länder zum Ziel. Das sind gewaltige Zahlen im Vergleich zur Weltbevölkerung. Der Fussabdruck der Schweiz vergrössert sich monumental, wenn die Wirkung der Auslandsreisen mitberücksichtigt wird. Es gilt diesen Fussabdruck zu verkleinern. In der Schweiz gibt gibt es also Politikbereiche, bei denen die Verantwortlichen noch nicht wissen, dass sie zur Umsetzung der Agenda 2030 aktiv werden müssen.

Nachhaltige Konsummuster

Ein solcher Bereich sind die nachhaltigen Konsummuster. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, die Anreize anders zu setzen: Abbau der bürokratischen Hürden bei grenzüberschreitenden Zugfahrten, Kostenwahrheit bei Flugreisen durch Streichung von Subventionen, die gerne kreativ entworfen und in Milliardenhöhe angesetzt werden. Förderung einer anderen Beziehung zu Mobilität. Wieso ist gehört es etwa für die StädterInnen in Kopenhagen zum guten Ton, Fahrrad zu fahren. Wieso können andererseits – wie eine Recherche der Sozialen Medien ergab – Fernreisende in Facebook und Co. mit Flugreisen immer noch an Status gewinnen? In der Gesundheitspsychologie wurden bereits funktionierende Unterstützungssysteme zur Verhaltensänderung umgesetzt. Ähnliche Versuche sind auch im Umweltbereich vielversprechend. Aber es braucht dazu eine geschickte Kombination verschiedener Interventionsformen wie Anreize, Überzeugung, Erinnerungen, Ermutigung, Vorbilder und vieles mehr. Dabei muss eine neue Sprache gefunden werden, die wegführt vom moralischen Zeigefinger. Denn eigentlich geht es ja darum, an Lebensqualität und im Einklang mit Natur und Mensch zu gewinnen.
Zurzeit geht der Trend noch in eine andere Richtung: Bewährte Destinationen wie Mallorca, Barcelona, Lissabon, Venedig oder Amsterdam sind derart überlaufen, dass Einheimische gegen den Tourismus und die Urlaubsgäste Sturm laufen. Und in Thailand müssen übernutzte Inseln zur Erholung gesperrt werden. Die Destinationen scheinen einen Lebenszyklus zu durchlaufen. Wenn am Ende ein Gebiet ausgereizt ist und die Gäste fernbleiben, bricht ein lokales Wirtschaftssystem zusammen, das sich ganz vom Tourismus abhängig gemacht hat. Die Aufenthaltsdauer der Haupturlaubsreise ist durchschnittlich von 18 auf 12 Tage geschrumpft. Statt die Urlaubszeit wirklich zu erleben werden konfektionierte Urlaubserlebnisse konsumiert. Nur etwa zwei Prozent der Flugreisenden leistet eine Kompensationszahlung für den verursachten CO2-Ausstoss, und die Zahl ist rückläufig.

Nachhaltige Angebote, ehrliche Kommunikation

Es gibt einige Tourismusunternehmen mit umfassend nachhaltigen Angeboten an Reisen, Unterkünften oder Aktivitäten. Aber der "durchschnittliche Hotelier" sitzt auf einer Energieverschwendungsmaschine, weil er nicht weiss, was er alles tun könnte. Daran könnte eine Deklarationspflicht der Sozial- und Umweltwirkung aller Tourismusunternehmens etwas ändern. Es würde einen Anreiz schaffen, anders zu buchen.
Ehrlichkeit in der Kommunikation stünde auch den PolitikerInnen gut an. Warum setzen sich EU-PolitikerInnen nicht mehr für den Wegfall von Steuersubventionen für den Flugverkehr ein? Zum einen, weil starke Lobbys auf sie einwirken. Zum anderen, weil sie eben auch KonsumentInnen sind, die gerne fliegen.
Für die Change Makers aus der Zivilgesellschaft heisst das: Nachhaltige Ansätze der Tourismusunternehmen und Verhaltensänderungen der KonsumentInnen fördern ist gut. Aber neben diesem Zuckerbrot wird es eben auch die Peitsche der kritischen Berichterstattung und beharrlichen Einforderung anderer Geschäftspraktiken.

Chancen und Herausforderungen für die Tourismusbranche

Antje Monshausen, Leiterin von Tourism Watch-Brot für die Welt, stellt die Bedeutung der Agenda 2030 für den Tourismus heraus. Diese Nachhaltigeitsagenda, die letzten September von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde, stellt das "Business as usual"-Szenario der Tourismusbranche grundsätzlich in Frage und bietet die Chance zu ihrer Wandlung. In Agenda 2030 ist der Tourismus zum einen direkt erwähnt: Als eine Branche, in der Nachhaltigkeitsinitiativen sowie die nachhaltige Nutzung der Ressourcen in kleinen Inselstaaten gefördert und nachhaltige Konsum- und Produktonsmuster entwickelt werden sollen. Zudem soll es Instrumente zur Messung der Auswirkungen eines nachhaltigen Tourismus geben, die Arbeitsplätze schaffen und die lokale Kultur und Produktion fördern. Zum anderen ist die Agenda 2030 insgesamt ein Referenzrahmen: Die Branche muss ausweisen, welche Wirkung die Pflege des Luxusgutes Tourismus auf die Erreichung aller 17 Ziele und 169 Unterziele hat.
Doch die Umsetzung ist heute noch durch verschiedene Barrieren behindert. Die Fixierung der Staaten auf das Standortmarketing behindert eine weitsichtige globale und lokale Gestaltungspolitik –  zu der auch die Berücksichtigung der Wirkung des Outgoing-Tourismus gehören würde. Die mangelnde Regulierung der Branche und die Subventionierung des Flugverkehrs setzen die falschen Anreize. Wie ein nachhaltiges Konsumverhalten entwickelt werden soll, ist heute noch eine offene Frage: Die repräsentative Umfrage der Forschungsgemeinschaft für Umwelt und Reisen e.V. hat ergeben, dass von 61 % der Befragten, die gerne nachhaltige Reisen möchten, nur 28 % bei der Wahl der Reiseangebote Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, und lediglich zwei Prozent tatsächlich solche Angebote buchen. Es wird von Bedeutung sein, ein Urlaubs- und Freizeitverhalten zu bewerben, das sich von Ressourcenverbrauch befreit und sonannten Suffizienzansätzen entspricht.

Ziele für die Reichen

In der Diskussion nimmt das Publikum die Denkfäden auf und spinnt sie weiter: Die UN Welttourismusorganisation hat das Jahr 2017 zum Internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung ausgerufen. Das ist eine Gelegenheit, um Bund und Tourismuspromotoren auf die blinden Flecke in der Wahrnehmung der globalen Nachhaltigkeitsziele aufmerksam zu machen. Der prominenteste davon sind die "Ziele der Reichen": Der Bund wird Ziele der Agenda 2030 im Rahmen der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit und mit den Umweltämtern umsetzen. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass die Schweizer Bevölkerung Reiseweltmeisterin ist: 87 % leisten sich Urlaub, fast zwei Drittel der Reisen führen ins Ausland, 1,5 Millionen der 22 Millionen Reisen haben aussereuropäische Länder zum Ziel. Das sind gewaltige Zahlen im Vergleich zur Weltbevölkerung. Der Fussabdruck der Schweiz vergrössert sich monumental, wenn die Wirkung der Auslandsreisen mitberücksichtigt wird. Es gilt diesen Fussabdruck zu verkleinern. In der Schweiz gibt gibt es also Politikbereiche, bei denen die Verantwortlichen noch nicht wissen, dass sie zur Umsetzung der Agenda 2030 aktiv werden müssen.

Nachhaltige Konsummuster

Ein solcher Bereich sind die nachhaltigen Konsummuster. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, die Anreize anders zu setzen: Abbau der bürokratischen Hürden bei grenzüberschreitenden Zugfahrten, Kostenwahrheit bei Flugreisen durch Streichung von Subventionen, die gerne kreativ entworfen und in Milliardenhöhe angesetzt werden. Förderung einer anderen Beziehung zu Mobilität. Wieso ist gehört es etwa für die StädterInnen in Kopenhagen zum guten Ton, Fahrrad zu fahren. Wieso können andererseits – wie eine Recherche der Sozialen Medien ergab – Fernreisende in Facebook und Co. mit Flugreisen immer noch an Status gewinnen? In der Gesundheitspsychologie wurden bereits funktionierende Unterstützungssysteme zur Verhaltensänderung umgesetzt. Ähnliche Versuche sind auch im Umweltbereich vielversprechend. Aber es braucht dazu eine geschickte Kombination verschiedener Interventionsformen wie Anreize, Überzeugung, Erinnerungen, Ermutigung, Vorbilder und vieles mehr. Dabei muss eine neue Sprache gefunden werden, die wegführt vom moralischen Zeigefinger. Denn eigentlich geht es ja darum, an Lebensqualität und im Einklang mit Natur und Mensch zu gewinnen.
Zurzeit geht der Trend noch in eine andere Richtung: Bewährte Destinationen wie Mallorca, Barcelona, Lissabon, Venedig oder Amsterdam sind derart überlaufen, dass Einheimische gegen den Tourismus und die Urlaubsgäste Sturm laufen. Und in Thailand müssen übernutzte Inseln zur Erholung gesperrt werden. Die Destinationen scheinen einen Lebenszyklus zu durchlaufen. Wenn am Ende ein Gebiet ausgereizt ist und die Gäste fernbleiben, bricht ein lokales Wirtschaftssystem zusammen, das sich ganz vom Tourismus abhängig gemacht hat. Die Aufenthaltsdauer der Haupturlaubsreise ist durchschnittlich von 18 auf 12 Tage geschrumpft. Statt die Urlaubszeit wirklich zu erleben werden konfektionierte Urlaubserlebnisse konsumiert. Nur etwa zwei Prozent der Flugreisenden leistet eine Kompensationszahlung für den verursachten CO2-Ausstoss, und die Zahl ist rückläufig.

Nachhaltige Angebote, ehrliche Kommunikation

Es gibt einige Tourismusunternehmen mit umfassend nachhaltigen Angeboten an Reisen, Unterkünften oder Aktivitäten. Aber der "durchschnittliche Hotelier" sitzt auf einer Energieverschwendungsmaschine, weil er nicht weiss, was er alles tun könnte. Daran könnte eine Deklarationspflicht der Sozial- und Umweltwirkung aller Tourismusunternehmens etwas ändern. Es würde einen Anreiz schaffen, anders zu buchen.
Ehrlichkeit in der Kommunikation stünde auch den PolitikerInnen gut an. Warum setzen sich EU-PolitikerInnen nicht mehr für den Wegfall von Steuersubventionen für den Flugverkehr ein? Zum einen, weil starke Lobbys auf sie einwirken. Zum anderen, weil sie eben auch KonsumentInnen sind, die gerne fliegen.
Für die Change Makers aus der Zivilgesellschaft heisst das: Nachhaltige Ansätze der Tourismusunternehmen und Verhaltensänderungen der KonsumentInnen fördern ist gut. Aber neben diesem Zuckerbrot wird es eben auch die Peitsche der kritischen Berichterstattung und beharrlichen Einforderung anderer Geschäftspraktiken.