Mitten im Zentrum von Kairo, in Wust al-Balad, steht der berühmte Jakubijân-Bau. Er ist ein Werk europäischer Architekten aus der Zeit vor der Revolution. Damals sprach die Elite noch Französisch, Kirchen, Moscheen und Bars lebten in friedlicher Koexistenz. Im Jakubijân-Bau hat der mit der Revolution von 1952 teilenteignete Grundbesitzer Saki Bey sein Büro mitsamt Liebesnest, ein schwuler Chefredakteur seine Wohnung, ein Neureicher das Domizil für seine Zweitfrau, und viele Ungenannte ihr ganz normales Zuhause.  Zuoberst in den so genannten Eisenkammern leben die Armen, die Leute ohne Schuhe und ohne Chancen.
Zu den letzteren gehört Taha, der Sohn des Hausportiers. Er schliesst seine Schule mit Bestnoten ab und bewirbt sich an der Polizeischule. Bei der Aufnahmeprüfung weiss er auf alle Fragen die richtige Antwort, doch die letzte Frage nach dem Beruf seines Vaters entscheidet: Söhne von Türstehern und Bewohner der Eisenkammern haben unbesehen ihrer Fähigkeiten kein Anrecht auf eine gute Stelle oder auf die Frau ihres Herzens. In Tahas Fall Buthaina, seine Nachbarin, die er auf der Dachterrasse trifft. Als mittellose junge Frau muss sie an ihrer Arbeitsstelle den männlichen Vorgesetzten zu Diensten sein und danach die Flecken auf ihrem Kleid entfernen, um den Schein zu wahren. Sie wird berechnender, glaubt nicht mehr an die grosse Liebe. Bis sie sich ausgerechnet in Saki Bey verliebt, den ältesten Bewohner der Strasse mit feinen französischen Umgangsformen und einem grossen Bedürfnis nach Frauen, für die er aufgrund seines Alters normalerweise für ihre Dienste bezahlt.

Wenn wir die Schicksale der Bewohnerinnen und Bewohner des Jakubijân-Baus mitverfolgen, ergibt sich daraus ein Bild von einem Ägypten, das härter geworden ist. Das offene ägyptische Verständnis des Islam wird vom saudi-arabischen der zurückgekehrten Wanderarbeiter zurückgedrängt. Nicht Fähigkeiten, sondern Beziehungen spielen eine Rolle, der wohlhabende Journalist hält sich einen armen Oberägypter als Bettgenossen, der eine Geistliche predigt für die Regierungspolitik, der andere für den Terror. Frauen werden belästigt und ausgebeutet. Es wird gezockt, geschmiert, geschnüffelt und gefoltert, und die Alten wie Saki Bey träumen von früheren besseren Zeiten.
Taha wird zum fundamentalistischen Terroristen, als er nach einer friedlichen Demonstration gegen den Golfkrieg grausam gefoltert wird und nach Rache sucht. Ausgerechnet im Lager der Fundamentalisten findet er die Liebe und heiratet. Doch es bleibt ein kurzes Glück: Er stirbt bei seinem ersten Einsatz, weil er vor seinem Opfer zu lange stehen bleibt, um „es verenden zu sehen“.
In einem Interview mit dem Landboten sagt Al-Aswani: „Ich möchte zudem festhalten, und das ist sehr wichtig, dass der Fundamentalismus das Resultat von Diktaturen ist. Als Arzt habe ich gelernt, zwischen Krankheit und Symptomen zu unterscheiden. Die eigentliche Krankheit der arabischen Welt ist die Diktatur. Fanatismus, Korruption, Armut und Unrecht sind Folgen dieser Krankheit.
Alaa Al-Aswani: Der Jakubijân-Bau. Übersetzung von Hartmut Fähndrich. Lenos-Verlag, Basel 2007, 384 Seiten, SFr. 34.80, Euro 19.90, ISBN 3-85787-381-7