Basel, 28.06.2007, akte/ Auf Ihrer nächsten Sommerwanderung erblicken vielleicht auch Sie unerwartet einen sorgsam zugedeckten Gletscher. Zum Beispiel im Gemsstockgebiet oberhalb von Andermatt. Weil sich der Gurschenfirn in den letzten 20 Jahren um rund 20 Meter gesenkt hat, musste zwischen der Bergstation und der Gletscherskipiste eine Rampe gebaut werden; unterhalb dieser Rampe wird seit 2005 jeweils im Sommer der oberste Teil des Gurschenfirns mit einem Gletscherabdeckungsvlies geschützt, um den Skibetrieb aufrechterhalten zu können. Am Gletscherrand werden zusätzlich Felsen abgedeckt. So können die Bergbahnen vorderhand teure bauliche Massnahmen vermeiden.
Der dramatische Gletscherschwund zeigt, wie sensibel der Alpenraum auf den Klimawandel reagiert. Längst hat der Wintersport deshalb die Flucht in hochalpine Regionen angetreten. Um den SkitouristInnen unabhängig von der Witterung schneesichere attraktive Pisten zu bieten, erschliessen die konkurrierenden Wintersportorte immer mehr Gletscher und betreiben intensive Formen der Schneebewirtschaftung (Snow-Farming): künstliche Beschneiung und Zusammentragen und -pressen von grossen Schneemassen für den Bau von Half-Pipes, Schanzen etc. In der Schweiz werden gemäss einer neuen Untersuchung der Alpenschutzorganisation CIPRA zwischen 1’000 und rund 16’000 Quadratmeter Flächen in Gletscherskigebieten im Sommer mit Vlies oder Folie abgedeckt, damit das Gletscheis weniger abschmilzt und ausapert. In Österreich sind die Flächen bereits deutlich grösser.
Solche Gletscherabdeckungen und intensive Schneebewirtschaftung sind massive Eingriffe in die Landschaft und erfordern einen grossen Maschineneinsatz mit hohem Energieverbrauch, viel Lärm und Abgasen. Noch ist zudem nicht bekannt, wie sich die Gletscherabdeckungen auf das fragile Ökosystem der hochalpinen Gebiete auswirken werden.
Deshalb fordert die CIPRA in ihrem neuen Positionspapier, Gletscherabdeckungen und die Verschiebung von grossen Schneevolumina der Bewilligungspflicht zu unterstellen und gesamtschweizerisch einheitliche Regelungen dazu zu erlassen. Dabei soll die kommerzielle Nutzung öffentlicher Naturgüter wie Gletscher strikt begrenzt bleiben: Generell soll auf grossflächige Abdeckungen von Gletscherpisten sowie die künstliche Beschneiung von Gletschern verzichtet werden; auch sollen keine Ausnahmebewilligungen für Schneebewirtschaftung in Schutzgebieten erteilt werden. Abdeckungen müssten sich auf kritische Stellen bei Bahnmasten, Übergängen von Fels und Eis sowie im Bereich von Kunstbauten beschränken. Zudem hält die CIPRA fest: „Für den Wintersport kurzfristig nützliche Eingriffe stellen keinen Ersatz für das klimapolitisch notwendige Handeln dar.“ Die Tourismuswirtschaft stehe in der Pflicht, neben notwendigen und sinnvollen Anpassungen, gesamtheitlich nachhaltig zu handeln und griffige Massnahmen zur umfassenden Reduktion der Treibhausgasemissionen zu ergreifen.

Quellen: Medienmitteilung der CIPRA, 04.05.2007; Positionspapier „Gletscherabdeckungen und Schneebewirtschaftung“ auf www.cipra.org/ch