Die Alpen reagieren besonders empfindlich auf den Klimawandel: Die Auswirkungen der Erderwärmung sind hier dreimal so hoch wie im globalen Durchschnitt. Die Alpenkonferenz, der auch die Schweiz angehört, beschloss deshalb an der letzten Sitzung vom November 2006, einen Aktionsplan Klimaschutz an die Hand zu nehmen. An der Konferenz im März in Evian soll er verabschiedet werden.

Doch das Ergebnis der Vorberatungen ist „völlig unbefriedigend“, wie Dominik Siegrist, Präsident der Internationalen Alpenschutzkommission Cipra, festhält. Unter dem Vorsitz von Frankreich habe die Alpenkonferenz wenig Initiative entwickelt. „Dabei wäre es höchste Zeit, ein starkes Zeichen für den Klimaschutz zu setzen – auch gegenüber der Bevölkerung in den Alpen“, sagt Siegrist. Die Cipra, die über 100 Umweltschutzverbände in sieben Alpenstaaten vertritt, fordert einen Aktionsplan mit konkreten Projekten. „Wir müssen die Alpen zu einer Modellregion für den Klimaschutz machen“, fordert Siegrist. Was das konkret heissen könnte, lässt sich am „Klimapakt Alpen“ ablesen, den die Cipra letztes Jahr lanciert hat:

Beim Verkehr fordert sie ein alpenweites Tempolimit für Personenwagen (100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h ausserorts), um den CO2-Ausstoss zu reduzieren. Und der Schwerverkehr soll mit einer Alpentransitbörse, wie sie Umweltminister Leuenberger in Evian vorgeschlagen hat, auf die Schiene verlagert werden.

Beim Tourismus sollen 100 Angebote für autofreie Anreise und Aufenthalte angeschoben werden. Schneekanonen dürften nicht länger subventioniert, Gletscher und unberührte Landschaften nicht für neue Skipisten erschlossen werden.

Im Energiebereich will die Cipra die Bauvorschriften verschärfen und für Neubauten den Passivhaus-Standard vorschreiben; solche engergieeffizienten Gebäude produzieren mehr –Energie als sie nutzen. Um diese und andere Massnahmen finanzieren zu können, soll ein Klimafonds eingerichtet und, wie Siegrist hofft, mit 100 Millionen Euro dotiert werden.

Alpenkonvention in der Schublade
Die Schweiz gehört nicht zu den Vorreitern beim internationalen Alpenschutz. Das Parlament hat die Alpenkonvention, die vor zehn Jahren unterzeichnet wurde, immer noch nicht ratifiziert. Nach einem weiteren Expertenbericht hat der Bundesrat vor einem Jahr bekräftigt, alle neun Zusatzprotokolle ratifizieren zu wollen. Seither ruht das Geschäft – nach einer unverbindlichen ersten Aussprache – in der nationalrätlichen Umweltkommission. Es sei ein „extremes Zögern und Zaudern“, konstatiert der grünliberale Nationalrat Martin Bäumle. Laut Kommissionssekretär Sébastien Rey wird die Vorlage wahrscheinlich für die Juni-Sitzung traktandiert.

Der Beitrag erschien im Tages-Anzeiger vom 07.03.2009. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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Die Zahl 1’203’868’000

1’203’868’000 Liter Kerosin schlucken Flugzeuge und Helikopter jährlich auf den Schweizer Flughäfen (Stand 2006). Das entspricht rund 25 Prozent des Treibstoffverbrauchs im Strassenverkehr.

430’943 Flugbewegungen wurden in der Schweiz im letzten Jahr registriert, knapp 2’000 Flüge pro Tag. Seit 1960 hat sich der Flugverkehr fast verfünffacht. Am meisten Flugbewegungen gab es 2’000 (537’813). 2001 brach der Luftverkehr um ein Viertel ein (Anschlag auf das World Trade Center, Sars), Swissair-Niedergang).

37’995’844 Passagiere transportierten die Flugzeuge letztes Jahr, so viele wie nie zuvor. Hinzu kamen 319’530 Tonnen Frachtgüter.

Mit rund 20 Prozent ist die Luftfahrt in der Schweiz an der Klimaerwärmung beteiligt, etwa in gleichem Mass wie alle Haushalte oder die Industrie. Die messung berücksichtigt, dass der Ausstoss von CO2 in Flughöhe rund dreimal schädlicher ist als am Boden

Quellen: Bundesamt für Statistik, Bundesamt für Energie, WWF
Dieser Text erschien im Beobachter Natur 2/2009. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.