ANC in der Krise: «Die Schuld liegt nicht allein bei der Regierung»
Basel, 12.10.2012, akte/ Nach dem Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika übernahm der ANC (African National Congress) die Macht. Die Euphorie unter dem ersten ANC-Präsidenten Nelson Mandela war gross.
Man dachte, es sei nur eine Frage der Zeit, dass die bisher benachteiligten BürgerInnen Südafrikas auch an die Strom- und Wasserversorgung und das Abwassersystem angeschlossen sind, bis das Erziehungssystem allen eine reelle Chance auf einen Berufseinstieg bietet und genügend Arbeitsstellen geschaffen würden. Bis das geraubte Land zurückgegeben oder vergütet würde. Bis das in der Reisewerbung so gern zitierte Bild der Regenbogennation, in dem die verschiedenen Ethnien zu einer Gesellschaft zusammengewachsen sind, Realität würde.
Doch heute ist von dieser Euphorie wenig übrig. Der ANC ist zerstritten und gilt als korrupt. Die Bürgerrechtlerin und Geschäftsfrau Mamphela Ramphele übt immer wieder heftige Kritik am ANC. Die bekannte Anti-Apartheid-Kämpferin sagt, die Bilanz der 18 Jahre Demokratie sei ernüchternd. Kürzlich weilte sie in der Schweiz und sprach mit Radio DRS.
Hören Sie das Interview mit Mamphela Ramphele (3.44 Min.)
Mamphela Ramphele promovierte 1972 als Ärztin. Sie gründete zusammen mit Steve Biko das Black Consciousness Movement und engagierte sich für die Entwicklung der Schwarzen Gemeinden. Aus ihrer leidenschaftlichen Beziehung mit Steve Biko gingen zwei Kinder hervor. Die Tochter, Lerato Biko, starb kurz nach der Geburt. Der Sohn Hlumelo Boko wurde nach Steve Bikos Ermordung 1979 geboren. Wegen ihrer politischen Aktivitäten stand Ramphele währen sieben Jahren unter Hausarrest, die sie für weitere akademische Studien nutzte. Nach Aufhebung des Hausarrests wurde sie 1986 Forschungsassistentin der Universität Witwatersrand. Zehn Jahre später wurde sie der erste weibliche Vize-Kanzler dieser Universität. Im Jahr 2000 wurde Ramphele eine von vier DirektorInnen der Weltbank.