Antarktis-Tourismus birgt Risiken für den Kontinent und die TouristInnen
Basel, 15.01.2014, akte/ In den meisten Regionen der Erde würde man eine touristische Attraktion, die jährlich 35’000 BesucherInnen anzieht, wohl als verschlafen bezeichnen. Doch wenn es um die Antarktis geht, zählt jeder Fussabdruck.
Der Tourismus hat wieder zugenommen, und dabei geht es nicht nur um Rentner, die vom Schiffsdeck aus Pinguine beobachten. BesucherInnen unternehmen Touren ins Landesinnere und frönen auch abenteuerlichen touristischen Tätigkeiten wie Fallschirmspringen oder Tauchen.
In diesem abgelegenen, eingefrorenen Land birgt der Tourismus Risiken sowohl für den Kontinent wie für die Touristen. Boote verschmutzen Wasser und Luft und schaffen das Potenzial für weitere verheerende Umweltschäden. Wenn etwas schief geht ist Hilfe weit entfernt.
Die Politiker haben den Fuss vom Pedal genommen
Der durch die Wirtschaftskrise ausgelöste Abschwung bot den 50 Ländern, welche die Verantwortung für den Antarktis-Vertrag teilen, die Chance, den Tourismus zu regulieren, doch wenig wurde getan. Ein internationales Komitee zur Antarktis verfasste lediglich zwei freiwillige Regeln, die beide noch nicht in Kraft sind. "Ich denke, da wurde in den letzten Jahren der Fuss vom Pedal genommen", sagt Alan Hemmings, ein Umweltberater für Polarregionen.
Das Tourismusaufkommen auf der Antarktis wuchs von weniger als 2’000 BesucherInnen pro Jahr in den Achtzigerjahren auf über 46’000 in den Jahren 2007-2008. Die Zahl fiel auf weniger als 27’000 zwischen 2011-2012, aber der internationale Verband der Antarktis-Reiseveranstalter schätzt die Zahl auf knapp 35’000 in der Saison 2012-2013, und er erwartet für die aktuelle Saison von November bis März einen weiteren Anstieg.
"Nicht nur die Anzahl, auch die Aktivitäten der TouristInnen sind in Änderung begriffen", meint Hemmings, der Teil einer Delegation war, die Neuseeland an einer Diskussion zum Antarktis-Vertrag vertrat. "Der heutige Tourismus ist mehr Action-orientiert", sagt er. "Jetzt wollen Leute Gleitschirmfliegen, Wasserskifahren, Tauchen und vieles andere mehr."
Abenteuer im Eis
Besucher können über der eisigen Landschaft auch Fallschirmspringen, und der in London ansässige Reiseveranstalter Henry Cookson Adventures nimmt Zwei- und Dreimann-U-Boote in die Antarktis. Hemmings wurde einmal angefragt, ein Deutsches Unternehmen zu beraten beim Plan, Seegelflugzeuge über dem kolossalen transantarktischen Berg zum Südpol fliegen zu lassen, aber das Projekt wurde nie durchgeführt.
Auf Ross Island, einem kontrastreichen Schwarz-Weiss-Ausläufer von Eis auf porösem Vulkangestein steht der aktive Vulkan Mt. Erebus als Warnung vor den Gefahren des Tourismus in diesem Gebiet. 1979 krachte ein von Auckland kommendes neuseeländisches Flugzeug auf einer Sightseeing-Tour in den Berg, wobei alle 257 Passagiere an Bord umkamen.
Auch einer der frühesten Versuche des Skydivings endete in einer Tragödie. Zwei Amerikaner und ein Australier starben beim gleichen Absprung 1997 in der nähe der US Amundsen-Scott Südpolstation beim geografischen Südpol.
Überstrapazierung von zwei Prozent der Landfläche
Die Antarktis ist nicht nur der kälteste, windigste und trockenste Kontinent, sondern auch der höchstgelegene. Der Südpol liegt auf einer eisigen Hochebene auf 2835 Meter über Meer und die Luft dort ist dünn.
Es ist ein Land mit vielen Gefahren, und nicht alle sind offensichtlich. Die trockene Luft macht elektrostatische Entladung zu einer ständigen Bedrohung für Elektronik und zu einer Brandgefahr beim Tanken von Fahrzeugen.
Zwar ist die Antarktis so gross wie die Vereinigten Staaten und Mexiko zusammengenommen, aber TouristInnen und WissenschaftlerInnen halten sich meist an die Gebiete, die nicht permanent gefroren sind und in denen auch wilde Tiere zu beobachten sind. Das sind weniger als zwei Prozent des Kontinents.