Atlantique
Ein Spielfilm von Mati Diop. Senegal, 104 Min.
Arbeiter auf einer Hochhausbaustelle fordern ihren Lohn, der seit Monaten nicht mehr gezahlt wurde. Sie halten es nicht mehr aus und beschliessen, übers Meer zu fahren und in Europa ihr Glück zu suchen. Unter ihnen der junge Souleiman, der Lover der schönen Ada, die allerdings einem Jungen aus besserem Haus versprochen wurde. Bald wissen alle, dass die Piroge mit den Männern gesunken ist; das Meer kann grausam sein. Eigenartige Vorkommnisse beschäftigen die Stadt. Die Polizei sucht nach Suleiman, der womöglich noch lebt und zurückgekehrt ist.
Mati Diops Dakar, fantastisch bei Nacht, kakophonisch tagsüber, liegt zwischen dem Meer und dem gigantischen Turmbau, zwischen einer unüberwindbaren Barriere – die die Kamera mehr bedrückend und hypnotisch als schön und poetisch zeigt – und dem Smog der Umweltverschmutzung. Es sind die Frauen, die im Stadtbild dominieren und die wir überall treffen. Sie sind die starken Figuren, die sich widersetzen und Gerechtigkeit für ihre Freunde und Ehemänner fordern.
Fatima Al Qadiris magnetische Musik, kombiniert mit starken traditionellen Klängen, betont die fantastische, oft bedrückende Atmosphäre des Atlantiks. Mati Diop frischt geschickt das Thema Hexerei und Magie auf, das oft im afrikanischen Kino vorkommt. Sie vergisst Zauberer und Grigris, um von Frauenkörpern zu erzählen, die von den Seelen ihrer vermissten Männer in Besitz genommen wurden. Die junge Ada ist der Faden der Ariadne, der uns durch das Labyrinth von Dakar führt. Nachdem sie sich endlich von den Fesseln der arrangierten Ehe befreit hat, erinnert sie uns an die schöne Anta im Klassiker Touki Bouki von Djibril Diop Mambety. Atlantique wirkt nachhaltig wie ein zärtlicher Weckruf an die weibliche Solidarität und ein wunderschöner Tribut an die afrikanische Jugend.