Seit 1989 erklärt die NFI jeweils für zwei Jahre eine grenzüberschreitende und ökologisch wertvolle Region zur Landschaft des Jahres. Das Leitziel jeder Landschaft des Jahres ist die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung der ausgewählten Region. Das Projekt setzt an den aktuellen Herausforderungen an, erarbeitet gemeinsam mit der Bevölkerung und den regionalen Interessensgruppen Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung und initiiert entsprechende Maßnahmen. 2018/2019 steht zum ersten Mal eine Region in Afrika im Mittelpunkt der Aktivitäten: die Grenzregion zwischen Senegal und Gambia.
Die beiden Länder leiden stark unter den Folgen des Klimawandels, wie Wasserknappheit, Wüstenbildung und Küstenerosion. Mamadou Mbodji, Vize-Präsident der NFI und Koordinator der "Landschaft des Jahres Senegal/Gambia" berichtet: "Im Senegal leben etwa zwei Drittel der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Die Erträge sind auf Grund ausbleibender Regenfälle jedoch dramatisch zurückgegangen, sodass die Menschen in den Dörfern ihre Lebensgrundlage verlieren. Für viele Menschen ist die Abwanderung die einzige Option – zunächst in die Städte, in einem zweiten Schritt auch nach Europa."

Lokale Initiativen

In Gambia herrscht Aufbruchsstimmung, nachdem die über 20-jährige Gewaltherrschaft von Yahya Jammeh 2017 beendet wurde. Perfekte Voraussetzungen für die Intensivierung der Zusammenarbeit der beiden Länder. Mit der Erklärung der Grenzregion zur "Landschaft des Jahres" möchte die NFI positive Anreize für die Entwicklung der Region setzen.
Ein Schwerpunkt liegt auf der behutsamen Ankurbelung eines nachhaltigen Tourismus, der Einkommen für die Bevölkerung schafft. Das Land hat alle Voraussetzungen dazu: Der Gambia River ist eine beeindruckende Lebensader mit vielfältigen Naturschutzgebieten, in denen Wildtiere wie Schimpansen, Krokodile oder Flusspferde leben. Und auch kulturell hat die Region viel zu bieten.

Just Act!

Ein wichtiger Partner für die Umsetzung der Aktivitäten ist die 2010 gegründete Initiative JUST ACT Gambia – Janjanbureh Uniting Sustainable Tourism and Community Training. "Mein Ziel war es immer schon, mit einem nachhaltigen Tourismus ein wirtschaftliches Standbein für die Bevölkerung in meiner Heimat Janjanbureh aufzubauen", sagt Omar Jammeh, der Direktor von JUST ACT. Er hat sein Studium am ITTOG, dem Institut für Reisen und Tourismus in Gambia, im Sommer 2010 abgeschlossen und kehrte damals nach Janjanbureh zurück, um an der Erstausbildung als lokaler Tourguide von JUST ACT teilzunehmen.
Janjanbureh, früher Georgetown, liegt auf der Janjanbureh-Insel im Gambia River. Auf der 20 km2 großen Insel leben etwa 4’000 Menschen. "Früher kamen viele Touristinnen und Touristen zu uns auf die Insel, die von Guides geführt wurden, die von der Küste stammten und nur wenig Ahnung über die Natur- und Kulturschätze hier in der Region hatten", so Omar Jammeh. Zudem brach der Tourismus in der Region in den 1990er-Jahren ein, da der Schiffsverkehr durch den Bau von neuen Straßen an Bedeutung verlor und weniger Gäste den Weg nach Janjanbureh fanden. Seit 2010 ist Janjanbureh über eine neue Brücke wieder gut erreichbar. 
„Um einen nachhaltigen Tourismus in der Region Janjanbureh aufzubauen, braucht es das nötige Wissen, klare Konzepte und das Verständnis sowohl für die Akteure im Tourismus als auch für die Einheimischen.“ Omar Jammeh, Direktor von JUST ACT Gambia 

Eine Perspektive für junge Menschen

JUST ACT setzt bei der Wiederbelebung des Tourismus auf die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung – und insbesondere auf die jungen Menschen, die hier leben. Viele von ihnen zieht es in die grösseren Städte oder nach Europa. Mit dem Aufbau des Tourismus sollen sie wieder eine wirtschaftliche Perspektive in ihrer Heimat bekommen. Omar Jammeh: "Wir vermitteln den jungen Leuten die Bedeutung unseres kulturellen Erbes und der Traditionen und binden sie in die Tourismusentwicklung ein. So haben wir bisher 13 junge Menschen zu Tourguides ausgebildet." Und es gibt immer neue Ideen und Pläne, wie aktuell die Errichtung einer Eco-Lodge oder die Entwicklung nachhaltiger Reiseangebote. So sollen die Gäste auf Bootstouren entlang des Gambia Rivers Einblick in die Naturschätze und die Lebensweise der Bevölkerung bekommen, mit Stopps und Nächtigungen in Unterkünften, die von Einheimischen betrieben werden.
Wichtig für das soziale Leben und die kulturelle Identität in der Region sind Feste, die auch wieder TouristInnen anlocken. Im Jänner 2018 wurde anlässlich der Eröffnung der "Landschaft des Jahres" das traditionelle Kankurang-Fest in Janjanbureh gefeiert. Die Kankurang-Maskeraden-Tradition bildet einen integralen Bestandteil der Initiationsriten und -rituale der Madinka. "Wir freuen uns, dass dank der ‹Landschaft des Jahres› das Kankurang-Festival wieder nach Janjanbureh zurückgekehrt ist", sagt Omar Jammeh.
Neben der Schaffung von touristischer Infrastruktur soll auch die regionale Landwirtschaft und Fischerei gestärkt werden. Die Bauern werden in ökologischen Anbaumethoden – etwa der Permakultur – geschult, um hochwertige Lebensmittel zu produzieren. Eine Fischfarm im Gambia-Fluss ist in Planung.