
Aus dem Fairtrade-Tagebuch Kakao: Vom Land zurück in die Stadt
Nach vier Tagen im Centro de Acopio und auf den Kakaofeldern von Calceta und Umgebung sind nicht nur meine Notizbücher voll, sondern auch mein Herz. Die Menschen, ihre Arbeit und Sorgen, ihre Freude und ihr Stolz haben mir aufgezeigt, dass sich meine Arbeit in der Kommunikation von Fairtrade Max Havelaar in der Schweiz lohnt. Indem wir als Fairtrade-Organisation Kakao und andere Produkte aus dem fairen Handel vertreiben helfen, unterstützen wir die Entwicklung der Landwirtschaft in der südlichen Hemisphäre. Es hat mich besonders gefreut, dass ich auf dieser Reise viele Bauern kennengelernt habe, die in der zweiten Lebenshälfte zur Arbeit im Feld zurückkehren. Sie übernehmen die Felder ihrer Eltern oder kaufen sich Land und sind dabei glücklicher und zufriedener, als wenn sie in der Stadt irgendeiner schlecht bezahlten Arbeit nachgehen. Ich habe auch junge Leute getroffen, wie etwa Raffael, die jetzt schon im Feld Hand anlegen und sich auch eine Zukunft als Bauer vorstellen können. Auf Menschen wie Raffael, Navor, Martin und Jacinto sind wir angewiesen, wenn wir in Europa weiterhin viel Kaffee trinken und Schokolade essen wollen!
Voraussetzung dafür ist, dass die Produktion des Kakaos rentiert. Die Bauern hier wissen, dass ihr biologischer Criollo-Kakao oder „cacaonacional“, wie sie ihn hier auch nennen, weltweit sehr gefragt ist. Sie investieren in die Qualität und Quantität und werden dabei sowohl vom Staat, als auch von der Fairtrade-Organisation Fortalezza del Valle unterstützt. Alle Bauern sagen, es gehe ihnen viel besser als noch vor fünf Jahren, als sie ihr Produkt an Zwischenhändler verkaufen mussten und nicht wussten, was ihre Ware wert war. Die Fairtrade-Prämie ermöglicht die Kredite und damit ein Einkommen über das ganze Jahr hindurch. In den Augen der Bauern dürfte der Preis aber noch um einiges höher sein.
Weiter ist mir aufgefallen, dass es unter den Bauern grosse Unterschiede gibt. Die einen pflegen und säubern ihre Bäume, wie wenn es ihre Kinder wären, andere Fincas machen eher einen verwilderten Eindruck, weil den Besitzern wohl nicht nur das Geld, sondern einfach auch die Lebensenergie fehlt. Die unterschiedliche Pflege schlägt sich natürlich direkt in der Ernte nieder. Der faire Handel will jedoch alle Menschen unterstützen. Dazu muss es ihm gelingen, noch näher an die individuellen Bauern heranzukommen. Sie sollen nicht nur von einem stabilen Preis, sondern auch von Schulungen in neuen Technologien und von Gesprächen mit anderen Bauern profitieren können. Aus diesem Grund will Fortalezza del Valle in jeder seiner fünf Regionen ein Centro de Acopio bauen. Damit es auch für Bauern wie Martin einfacher ist, zu einer persönlichen Unterstützung zu kommen. Den Schritt dazu muss natürlich jeder Bauer selber tun.
Noch ein Wort zu den Frauen: Obwohl ich jedes Mal nachgefragt habe, scheint es in dieser Region so zu sein, dass die Landwirtschaft Männersache ist. Die Frauen helfen zwar in der Erntezeit, aber sonst arbeiten sie im und ums Haus. Das Essen wird auf offenen Holzfeuerstellen gekocht, die Wäsche oft von Hand gewaschen. Manchmal bleibt etwas Zeit und Geld, um Blühbüsche oder Blumen anzupflanzen. So hängt das Wohlbefinden einer ganzen Familie letztlich von der Rendite des Kakaofeldes ab.