Badewasser: Geschönte EU-Statistiken
Auf kritische Nachfragen von JournalistInnen musste EU-Umweltkommissar Stavros Dimas allerdings Anfang Juni in Brüssel die Zahlen des neusten Berichts der EU über die Wasserqualität an Europas Küsten, Seen und Flüssen relativieren: Einzelne Mitgliedstaaten haben durch Streichen von Stränden ihre Statistik frisiert. Die Kommission hatte bereits im April rechtliche Schritte gegen elf Mitgliedstaaten – Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande, Portugal, Schweden und Spanien – wegen eines möglichen Verstosses gegen die Badegewässerrichtlinie eingeleitet. Die Länder haben dazu noch nicht Stellung genommen. Würde an den verschmutzten Stränden tatsächlich kaum mehr gebadet, so dürften sie gestrichen werden; doch die Kommission vermutet, dass die Plätze «statistisch geschlossen» wurden, während nach wie vor im Dreckwasser gebadet wird.
Die EU-Richtlinie zur Badewasserqualität wurde 1976 als eines der ersten Umweltgesetze erlassen. 90 Prozent der Ferienreisenden erklären, ihnen sei die Wasserqualität wichtig bis sehr wichtig – aber nur ein Drittel der Reisenden prüft vor der Anreise entsprechende Informationen. Stimmt das Äussere, so macht man sich keine Gedanken zu möglichen Bakterienkulturen. Die TouristInnen reagieren erst auf angeschwemmte Ölklumpen, tote Vögel oder Algenblüten – Zustände, bei denen der Strand ohnehin meist gesperrt wird. Die Richtlinie wurde 2002 und diesen Februar überarbeitet. Die neue Richtlinie, die mit dem Bericht vom nächsten Jahr erstmals zur Anwendung kommen wird, wurde vereinfacht, aber verschärft: Sie unterscheidet zwischen ausgezeichneter, guter, genügender und schlechter Wasserqualität und verlangt von den Ländern Managementpläne, um die Wasserqualität an den nicht zufriedenstellenden Stränden zu verbessern.
Quellen: www.ec.europa.eu/water/water-bathing/index_en.html; Tages-Anzeiger vom 10. Juni 2006