"Letztes Jahr hatten wir hier mehr als 1’500 Tonnen vermodernder Algen", sagt Oleg Timoshkin vom Limnologischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, das die Flora und Fauna der sibirischen Seen erforscht. "Mehr als 50 Prozent der Küstenlinie des Baikals sind bereits von Spirogyra bedeckt", stellt Timoshkin besorgt fest.
Spirogyra ist nicht heimisch im Ökosystem des Baikalsees. An sich wäre die Alge harmlos, doch sie schädigt eine heimische Schwammsorte, Lubomirskia Baicalensis, die für die Filtrierung des Seewassers sorgt. Stirbt der Schwamm, wird das gesamte sensible Ökosystem des Sees in Mitleidenschaft gezogen. Für Timoshkin ist klar. "Der Baikal ist ernsthaft krank."
Nun ist die systemfremde Alge nicht die einzige Bedrohung des tiefsten Sees der Erde. Ende Februar fiel der Wasserstand auf ein Rekordtief, fünf Zentimeter unterhalb des kritischen Levels von 456 Metern, wie ein lokaler Notfalldienst dem russischen Nachrichtendienst RIA Novosti meldete. Deshalb rief die Republik Burjatien, Teil der Russischen Föderation, bereits den ökologischen Notstand aus. Burjatien umfasst das östliche Ufer des Baikalsees und forderte seine BewohnerInnen bereits zum Wassersparen auf. 
Verantwortlich für den tiefen Wasserstand sind unter anderem Wasserkraftwerke am See, die billige Energie für die nahegelegene Grosststadt Irkutsk liefern. Diese seien im letzten Jahr immer verschwenderischer mit dem Seewasser umgegangen, um ihren Profit mit der daraus gewonnenen Energie zu erhöhen, beschreibt ein anderer Wissenschaftler der Akademie, Endon Garmaev, die Lage. Experten aus dem westlich gelegenen Irkutsk hingegen sehen in dem tiefen Wasserstand kein menschliches Versagen, sondern führen ihn auf natürliche Kreisläufe zurück. Der Direktor des Limnologischen Instituts, Mikhail Grachev, behauptete gegenüber der russischen Agentur lenta.ru sogar, die Wasserkraftwerke hätten dem Ökosystem des Sees seit ihrer Existenz keinerlei Schaden zugefügt.
Der rund 25 Millionen Jahre alte Baikalsee ist das grösste Süsswasserreservoir der Erde. Etwa ein Fünftel der weltweiten Frischwasserreserven liegen hier. Seit 1996 gehört der See zum UNESCO-Weltnaturerbe.