Was machen Sie beruflich?
Morgens von neun bis zwölf Uhr reinige ich fünf Tage in der Woche die Toiletten in der Sonali Bank und räume den Dreck weg. Dafür erhalte ich pro Monat 1’500 Taka (23 Franken) sicheres Einkommen. Von 13 bis 20 Uhr arbeite ich bei einem Schneidermeister, der mich zur Schneiderin ausbildet und mir bereits jetzt weitere 300 Taka (4.60 Franken) pro Monat bezahlt.

Was beschäftigt Sie im Moment am meisten?
Die Zukunft meines Sohnes Ujjal. Was machen wir, wenn einmal meine Eltern gestorben sind, die jetzt mit uns wohnen? Ich bin dann mit Ujjal ganz allein und die Unsicherheit steigt noch.

In welcher Beziehung stehen Sie mit HEKS?
Gram Bikash organisierte in Babu Para eine Frauengruppe, der ich nach einigem Zögern beitrat. Heute bin ich sehr froh, dass Gram Bikash als Organisation für uns Unberührbare arbeitet. So kann zum Beispiel Ujjal die Schule von Gram Bikash besuchen, ein Besuch der Staatsschule wäre für uns nie in Frage gekommen, da wir dort verachtet und abgewiesen werden. Ich hoffe, dass Ujjal gut arbeitet und nach der dritten Klasse mit Hilfe von Gram Bikash den Anschluss an die Staatsschule schaffen wird. Ohne Gram Bikash hätte ich auch niemals die Ausbildung als Schneiderin machen können.

Wo, wie und mit wem wohnen Sie?
Ich wohne mit meinen Eltern und meinem Sohn Ujjal in einem ganz einfachen Zwei-Zimmer-Haus mit Wellblechdach. Ujjal ist 11 Jahre alt, mein Vater etwa 80 und meine Mutter etwa 70 Jahre alt.  Beide arbeiten noch immer als Strassenreiniger im Bazaar, wenn sie Arbeit erhalten.

Was haben Sie gestern gegessen?
Zum Frühstück gab es Reis mit Salz, zum Nachtessen Reis mit Kartoffeln. Aber vor zwei Wochen, während des Pujas (Hindu Feiertag), kochte ich ein ganzes Huhn, nur für meine Familie. Das war das letzte Mal, dass Fleisch auf den Teller kam.

Was macht Sie glücklich?
Wenn ich genügend Geld habe, dass ich Essen kaufen kann, und wenn Ujjal in der Schule gut arbeitet.

Was macht Ihnen Angst?
Ujjal’s Zukunft. Ich würde mich für seine Zukunft opfern. Ich heirate auch nicht mehr, obwohl ich noch jung bin, da er dann von meinem Mann verstossen würde.

Was bringt Sie zum Lachen?
Wenn meine jüngere Schwester zu Besuch kommt, wie vor zwei Wochen, wenn wir genügend zu essen haben, mit den Eltern und Ujjal zusammensitzen und plaudern.

Ein schöner Moment, an den Sie sich erinnern?
Die ersten drei Monate nach meiner Hochzeit waren die einzige schöne Zeit in meinem Leben. Als ich danach noch immer nicht schwanger war, begannen mein Mann und seine Mutter mich zu misshandeln und zu verachten. Endlich, nach vier Jahren gebar ich Ujjal. Nach der Geburt wurde ich krank, alle dachten, ich würde sterben, mein Mann verliess mich, zog in die Stadt und heiratete eine Andere.

Was ist Ihr grösster Wunsch?
Ich setze alle meine Hoffnungen in Ujjal. Er soll lange zur Schule gehen, eine Ausbildung machen können und eine andere Arbeit erhalten als ich. Er soll ein besseres Leben haben. Dazu brauche ich nach meiner Ausbildung zur Schneiderin eine Anstellung, damit ich genug verdiene und meine Familie richtig ernähren kann.
Dieser Beitrag erschien in "handeln", dem Magazin des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen der Schweiz, Nr. 312 vom 02.05.2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. Informationen: www.heks.ch