Seit sieben Jahren leistet die Bevölkerung um das antike Pergamon gewaltfreien und phantasiereichen Widerstand gegen das Projekt Gesellschaft Eurogold, die unter Einsatz giftiger Zyanidlauge grossflächig Gold im Tagbau fördern will. Der Goldabbau würde Natur und Umwelt zerstören, die Existenz der umliegenden Dörfer, die von Oliven‑, Baumwoll‑ und Tabakanbau leben, gefährden und dem Tourismus seine Grundlagen entziehen. Die Region um Bergama an der nörd­lichen Ägäisküste mit den antiken Kulturstätten von Pergamon, Troja und Ephesus wird jährlich von rund einer Million TouristInnen, in der Mehrzahl aus Deutschland, besucht. Deshalb bemühte sich die bedrängte Bevölkerung, als im März 1997 Sprengungen im Gelände vorgenommen wurden und Panzer gegen demonstrierende Frauen auffuhren, um Unterstützung aus deutschen Umwelt­politik‑ und Tourismuskreisen. Mit Erfolg: Der Bundesverband der deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), der Internationale Bustouristik‑Verband (RDA), der deutsche Reisebüroverband (DRV) sowie die Reiseveranstalter TUI und Studiosus gaben in Schreiben an die türkische Regierung ihrer Besorgnis über die fatalen Folgen des Goldabbaus Ausdruck. Insbesondere stellte die TUI aufgrund des Sicherheitsrisikos für die Gäste eine Einstellung ihrer Studien‑Reisen in Aussicht. Mitte Mai 1997 entschied das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei gegen den Goldabbau mit Zyanid. Das Urteil führte freilich nicht zum sofortigen Stopp der umweltzerstörerischen Goldgewinnung, wie Halo Saibold, Abgeord­nete des Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzende des Fremdenverkehrs­ausschusses im deutschen Bundestag, auf ihrer Solidaritätsreise anfangs Juni 1997 feststellen musste. Der Gerichtsbeschluss hatte bei der Bevölkerung Hoffnungen geweckt, seine Missachtung hat die Spannungen in der Region wieder zunehmen lassen.
Quellen: Pressemittellungen der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.3.97, 20.3.97, 16.5.97, 3.6.97‑ Tagesspiegel 23.3.97; Die Zeit 27.3.97; Yeni Asir 11.4.97; Der Spiegel 14.4.97, dpa‑Meldung 22.4.97/cp