Viele Jugendliche in Südafrika sind frustriert und wütend. Sie sind mit dem Versprechen einer freien Gesellschaft aufgewachsen. Doch sie erleben, wie die durch die während der Apartheid geschaffene systematische Benachteiligung von Schwarzen auch nach Aufhebung der Rassengesetze weiterbesteht. Die Regeln der Wirtschaft, die Bildungsstrukturen und die sozialen Kulturen erschweren es jungen schwarzen Frauen und Männern, sich mit ihren Talenten und ihrem Einsatz einen angemessenen Platz in der Gesellschaft zu erobern. Aber wenige Jugendliche können ihre Wut so sprachgewaltig auf Papier bannen wie 25-jährige Malaika Wa Azania es in "Born Free" tut.

Malaika Wa Azania, mit bürgerlichem Namen Malaika Lesego Samora Mahlatsi, wurde 1991 in Meadowlands, Soweto, geboren. Sie gehört zu der Generation der Born Free, die nach der offiziellen Abschaffung der Apartheid 1994 in Zeiten der politischen Gleichberechtigung aufwuchs. Doch das Versprechen der Regenbogennation ist für sie eine Lüge: "Was Privilegien und Armut angeht, besteht die Rassentrennung trotz des politischen Umbruchs von 1994 nach wie vor: Erstere sind weiss, und letztere sind schwarz." Ihrer Wut gibt Malaika in Form eines Briefes Ausdruck, den sie an den ANC richtet.
Malaika erinnert sich an die Euphorie der Neunziger: "Dauernd redeten die Leute über diese oder jene tolle Sache, die ihr vom ANC bewirkt habt". In der Schule wurde den Kindern Dankbarkeit für den Kampf des ANC eingetrichtert. Schon damals dachte sie daran, dem ANC in einem Brief zu danken. Doch während sie aufwächst, wandelt sich die Euphorie der demokratischen Anfänge über die Jahre in Ernüchterung und Wut. Enttäuscht über das Ausbleiben von Verbesserungen flüchten viele Jugendliche in die Kriminalität. Malaika erlebt in der gemischten Schule in Melpark, was es heisst, "von reichen schwarzen und von weissen MitschülerInnen wie minderwertige Kreaturen" behandelt zu werden. Zehn Jahre nach den ersten freien Wahlen wendet sich auch die Mutter, eine engagierte Polit-Aktivistin, vom ANC ab. Sie kritisiert die ANC-Politik der Versöhnung und Sozialhilfe anstelle der Wiedergutmachung und Gerechtigkeit. Malaikas kurzes Zwischenspiel an der rassistischen Stellenbosch-Universität führt sie in die Arme der Black Consciousness Bewegung. Doch sie muss feststellen, dass ihrem freien Geist dort patriarchale Mitstudierende Grenzen setzen. Sie ist beeindruckt vom Kampfgeist des ANC-Jugendligaführers Julius Malema. Als dieser 2012 von der Partei ausgeschlossen wird, gründet er die Bewegung der Economic Freedom Fighters, der sich Malaika anschliesst – bis sie sich auch von dieser Bewegung wieder abwendet, abgeschreckt von Intrigen und dem Mangel an Respekt. Das Buch endet kurz vor den Wahlen 2014, an denen Malaika erstmals teilnehmen kann. Sie zieht Bilanz und weiss: Es gibt keinen anderen Weg, als weiter zu kämpfen, bis irgendwann die versprochene Freiheit Realität wird.
In mitreissender Weise schafft es Malaika, ihre Perspektive darzulegen und damit – vierzig Jahre nach dem Soweto-Massaker –  Zeugnis für die weiterhin schwierige Geburt einer neuen südafrikanischen Nation abzulegen.
Malaika Wa Azania: Born Free. Mein Leben im Südafrika nach der Apartheid. Aus dem Englischen von Antje Papenburg. Rotpunktverlag, Zürich 2016. 192 Seiten, CHF 14.90, EUR 19.90 (unverbindliche Preisangabe). ISBN 978-3-85869-687-8