Basel, 26.02.2009, akte/ Ein dicker Wälzer voller griffiger Fakten, Analysen, klaren politischen Forderungen und Vorschlägen für eine weltverträgliche Gestaltung der Zukunft, verfasst vom ausgewiesenen Wuppertaler Institut mit der Unterstützung von wichtigen zivilgesellschaftlichen Organisationen – das ist das Buch, das uns in der Schweiz fehlt!

Zwar hat sich in der Schweiz das Bundesamt für Raumentwicklung (are) redlich um die Beteiligung aller Interessengruppen inklusive aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft bemüht, um seine Strategie "Nachhaltige Entwicklung mit Leitlinien und Aktionsplan 2008-2011" für den doch nicht ganz unbedeutenden weltweiten Prozess der nachhaltigen Entwicklung, wie sie von der Weltgemeinschaft am Gipfel zur nachhaltigen Entwicklung von Rio 1992 beschlossen wurde, zu erarbeiten. Das Dokument der Eidgenossenschaft für die Weiterarbeit im Rio-Prozess auf eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft hin bleibt allerdings ein schmales, farbloses Papier, das vielleicht – wenn alles gut geht – ein paar Politikern und Bundesämtern ein paar Leitlinien abgibt, auf die man sich (im Notfall noch) berufen kann. Für Touristiker gibt das Papier gar nichts her, wurde der Tourismus doch frühzeitig aus den Themenfeldern eliminiert und erhält in keiner Weise den Stellenwert als Querschnittsthema, wie wir zum Weltgipfel Rio+10 in Johannesburg von 2002 forderten und wie dies auch in die Erklärung von Johannesburg eingeflossen ist. Doch auch in anderen Konsumbereichen oder hinsichtlich klarer Vorgaben für Politik, Wirtschaft und KonsumentInnen bleibt die befliessene Leserschaft der eidgenössischen Strategie "Nachhaltige Entwicklung" auf der Strecke.

Anders in Deutschland. Die unter der Leitung des ausgewiesenen Experten für nachhaltige Entwicklung, Wolfang Sachs des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie, erarbeitete Publikation bringt das Fachwissen verschiedenster ExpertInnen zu den relevanten Bereichen der nachhaltigen Entwicklung aktuell auf den Punkt und formuliert daraus handfeste Forderungen für die Politik und die Wirtschaft, aber auch für KonsumentInnen. Das Buch ist dick und verlangt Aufmerksamkeit. Doch es vermag immer wieder, ganz komplexe Sachverhalte einfach zu erklären und daraus klar abzuleiten, was einzelne Akteure aus der Politik, der Wirtschaft, aber auch ganz einfach KonsumentInnen in ihrem Alltag – im eigenen Haus, bei Tisch oder wenn sie sich fortbewegen – anders machen müssen, damit unsere gemeinsame Erde, die es nur einmal gibt, eine Zukunft hat. Interessant sind dabei vor allem auch die fundierten Ausführungen über die Zusammenhänge zwischen fossilen Brennstoffen, Klimachaos, dem Niedergang der Biodiversität und der Gefährdung der Ernährunssicherheit, über die Aufholjagd der Schwellenländer und die Globalisierung von Armut und Reichtum, aber auch die Fragen zum Zwiespalt zwischen Wachstum, Entwicklung und Wohlstand.

Hinter diesem wichtigen Buch stehen zivilgesellschaftliche Organisationen aus Umwelt und Entwicklung in Deutschland, welche die Publikation ermöglicht haben. Wir als Mini-Player aus dem entwicklungspolitischen Eck der kritischen Begutachtung des Tourismus, immerhin einem der weltweit mächtigsten und dynamischsten Wirtschaftszweige, können nur weiter davon träumen, dass sich auch in der Schweiz die Stimmen aus der Zivilgesellschaft – die wichtigen Organisationen aus Entwicklung und Umwelt – zusammenschliessen für einen gemeinsamen Forderungskatalog an die Politik, die Wirtschaft und die KonsumentInnen im Hinblick auf eine effektiv nachhaltige Entwicklung.
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und Brot für die Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst: Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt. Ein Anstoss zur gesellschaftlichen Debatte. Eine Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Fischer Taschenbuchverlag 2008, 656 Seiten, SFr. 25.50, Euro 14.95, ISBN 978-3-596-17892-6