Der Bundesrat will nicht, dass das Parlament dieses Jahr verbindlich eine Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens beschliesst. Er hat heute entschieden, dem Parlament keine Zusatzbotschaft vorzulegen, sondern nur einen Bericht. Damit widersetzt er sich einem klaren Auftrag des Parlaments. Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks, hat kein Verständnis für diese Verweigerungshaltung. Sie erwartet von National- und Ständerat, dass sie auf ihrer Forderung beharren.

In der Herbst- und Wintersession 2008 sprachen sich klare Mehrheiten in beiden Kammern prinzipiell für die Erhöhung der Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,5-Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) aus. Sie verlangten aber, dass der Bundesrat dieses Jahr in einer Zusatzbotschaft darlegt, welche Budgeterhöhungen dafür nötig sind, wie die Aufstockung finanziert werden soll und wo der Bund die zusätzlichen Mittel investieren will. Auf dieser Basis wollte das Parlament verbindlich über eine Erhöhung entscheiden. Diese Entscheidgrundlagen hat der Bundesrat nun verweigert. Er will dem Parlament im Herbst bloss einen Bericht mit einer entwicklungs- und finanzpolitischen Auslegeordnung vorlegen. Auf dieser Basis können die Räte aber keinen verbindlichen Beschluss fassen. Sie müssen ein zweites Mal eine Zusatzbotschaft und einen Zusatzkredit fordern.
Um das 0,5-Prozent-Ziel bis 2015 zu erreichen, wären in den Jahren 2010 bis 2012 maximal zusätzliche 380 Millionen Franken nötig. Doch dafür, so die Meinung der Mehrheit im Bundesrat, habe die Schweiz kein Geld. Verglichen mit den 6 Milliarden Franken zur Rettung der UBS ist die Summe ein Klacks. Für die ärmsten Länder würde sie aber einen Unterschied machen. Sie leiden, nach der Explosion der Nahrungsmittel- und Ölpreise in den vergangenen zwei Jah¬ren, unverhältnismässig stark unter der Wirtschaftskrise, obschon sie daran keine Schuld tragen.
Die Weltbank schätzt, dass wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise dieses Jahr bis zu 80 Millionen Menschen neu in die extreme Armut gestossen und allein in Afrika die Erfolge von vier Jahren Armutsbekämpfung zunichte gemacht werden. UNO, Weltbank und IWF warnen deshalb seit Monaten eindringlich davor, die Entwicklungshilfe gerade jetzt stagnieren zu lassen oder gar zu senken. Genau das aber bezweckt der Bundesrat mit seiner Verweigerungshaltung.
Mit seinem Grundsatzbeschluss, die Entwicklungshilfe auf 0,5% BNE zu erhöhen, kam das Parlament der Petition „0,7% – Gemeinsam gegen Armut“ entgegen. Die von über 70 Hilfswer¬ken und weiteren Organisationen lancierte Petition hatte eine Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent BNE gefordert, wie dies die Uno seit langem vorgibt. Sie war von über 200’000 Personen unterzeichnet worden.

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