Burma: Antworten auf den «Wirtschaftsfaktor» Zwangsarbeit
Rund 3% des Bruttosozialproduktes werden in Burma mit Zwangsarbeit erwirtschaftet, erhebt eine neue US-Studie, die von der amerikanischen Botschaft in Rangoon vorgelegt wurde. Für das Fiskaljahr 94/95 konnte eine klare Zunahme von Zwangsarbeit beim Bau von Infrastrukturen festgestellt werden. Zur Zeit etwa werden Tausende von DorfbewohnerInnen in der Region von Bassein zum Bau von Strassen beordert, die neue Tourismusgebiete an der Küste mit dem Hinterland verbinden. Viele werden für ihre Arbeit überhaupt nicht entschädigt und müssen selbst für ihr Essen und ihre Werkzeuge aufkommen. In Mandalay wurden kürzlich achtjährige Kinder beim Strassenbau beobachtet, zu dem sie von den Militärbehörden gezwungen werden. Zur Schule gehen sie nicht, denn sie sind während 12 Tagen jeweils auf dem Bau beschäftigt, erhalten wenn es hoch kommt 0,25 US Dollar und haben dann Anrecht auf zwei freie Tage. Die Strasse wird im Hinblick auf das Tourismusjahr ausgebaut, doch Kinder arbeiten auch an Infrastrukturprojekten für die französischen und amerikanischen Erdölfirmen Total und Unocal. Zudem seien, so schätzt der Internationale Verband freier Gewerkschaften (ICFTU), allein in der Hauptstadt Rangoon mehr als eine Million Menschen zwangsumgesiedelt worden, um den neuen Hotel- und Geschäftshäusern Platz zu machen. Im ganzen Land sind im Zuge der neuen «Wirtschaftsentwicklung» an die drei Millionen Menschen gezwungen worden, ihr Land und ihre Häuser zu verlassen.
Nachdem im vergangenen Jahr bereits die schlagkräftige Gewerkschaft der TransportarbeiterInnen, die International Transport Workers Federation (ITF), entschieden für einen Boykott von Reisen nach Burma einstand, nahm auch die in Genf ansässige Internationale Union der Lebens- und Genussmittelarbeiter-Gewerkschaft (IUL) den weltweiten Boykottaufruf auf und fordert insbesondere ihre Mitgliederverbände aus dem Hotel- und Restaurantbereich auf, Burma als Tourismusziel zu boykottieren und die demokratische Bewegung aktiv zu unterstützen. Massgeblich beteiligt waren einschlägige Gewerkschaftsverbände bereits am Druck auf die amerikanische Getränkefirma Pepsico sowie die niederländische Heineken und die dänische Carlsberg, die beiden Brauereien haben sich im vergangenen Sommer aus dem Burmageschäft zurückgezogen haben.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf hat ihrerseits in ungewohnt harter Art auf die Menschenrechtsverletzungen in Burma reagiert. Zum vierten Mal erst in ihrer Geschichte verurteilt sie gezielt ein Land, nach Rumänien, Polen und Süfafrika nun Burma, für die Verletzung von der mit ihr eingegangenen Verpflichtungen. Zur Abklärung, insbesondere auch der Zwangsarbeit im Zusammenhang mit dem Aufbau von Infrastrukturen für den Tourismus, hat die Internationale Arbeitskonferenz vom Juni 96 eine Untersuchungskommission vorgeschlagen, deren Einsetzung auch auf der Vorstandssitzung der ILO vom kommenden November diskutiert wird.
The Irrawaddy 30.9.96; New Frontiers August/June 96; VPOD/SSP 23.8.96; Burma Alert July 96; Bangkok Post 20.6.96; IUL-Nachrichten 3-4/96; Internationale Labour Office, Press Release 20.6.96; Tribune de Genève 20.6.96; eigene Recherchen/cp