Basel, 07.11.2010, akte/ Morgen werden die burmesischen Wählerinnen und Wähler zur Urne zitiert – unter Androhung harter Strafen für alle die zum Boykott aufrufen. Gleichzeitig lässt die Junta viele nicht wählen. In der vergangenen Woche schloss hat die Wahlbehörde weitere 12 Dorftrakte in sechs Wahlkreisen der Kyah Provinz, in denen ethnische Minderheiten dominieren, von den Wahlen aus. Zusammen mit Beschlüssen der Wahlbehörde vom September werden also insgesamt 1.5 Millionen Menschen ethnischer Minderheiten in über 3’400 Dörfern von den Wahlen ausgeschlossen. In den ausgeschlossenen Gebieten der Provinzen Kachin, Kayah, Kayin, Mon und Shan sowie der selbstverwalteten Gebiete der Wa seien „die Bedingungen einer Abhaltung von freien und fairen Wahlen nicht förderlich“, so die Begründung der Wahlbehörde. Zuvor hatte die Junta bereits die Parteien der wichtigsten Vertretungen indigener Völker in Burma von den Wahlen ausgeschlossen. Ebensowenig wählen dürfen die 2000 politischen Gefangenen. Eine Ausnahme ist Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Sie gebe ihren Wahlzettel leer ab, weil es unter den 37 regierungsgenehmen zugelassenen Parteien und den über 1000 Kandidaten der Junta keinen gebe, der sie vertreten könne.

Die Macht der ethnischen Minderheiten brechen

Hinter der Kulisse dieser Wahlfarce rüsten die Junta und die ethnischen Minderheiten zum Krieg. Die ethnischen Minderheiten sehen ihre Hoffnung auf Teilautonomie unter einem föderalistischen System in Trümmern, viele ihrer Parteien rufen zum Wahlboykott auf.  Sowohl die ethnischen Minderheiten wie die Junta haben in den letzten Wochen Truppen zusammengezogen, es ist auch schon zu einigen Zusammenstössen gekommen. Sollten sich diese Gefechte zu einem Bürgerkrieg ausweiten, erwarten Hilfsorganisationen eine Flüchtlingsbewegung Richtung Thailand und Bangladesh – wo bereits 600’000 Flüchtlinge leben. 
In Burma leben etwa zwei Dutzend ethnische Minderheiten, viele in abgelegenen Bergregionen entlang der Grenzen zu Thailand, China, Indien und Bangladesh. Sie machen etwa 40 Prozent der 56 Millionen Einwohner Burmas aus.  Nach der Unabhängigkeit von England 1948 kämpften die ethnischen Minderheiten für ihre Unabhängigkeit. Seit die Militärjunta 1962 die Macht übernahm, bekämpfte sie die ethnischen Minderheiten brutal und skrupellos. Erst 1989 schloss sie ein Waffenstillstands-Abkommen mit 17 ethnischen Gruppierungen, die im Gegenzug weitreichende politische Autonomie erhielten und ihre Armee behalten durften. Etwa ein halbes Dutzend ethnische Gruppierungen kämpfen weiter. Dazu gehören die Karen National Union und die Shan State Army-South.
Im Vorfeld der Wahlen kehrte die Junta von der föderalistischen Politik ab und drückte eine „Eine Nation-eine Armee“-Verfassung durch. Sie forderte die ethnischen Gruppierungen auf, ihre Armeen in ein Grenzwachtheer zu integrieren. Doch einige liessen das Ultimatum dazu verstreichen, darunter die zwei mächtigsten: Die United Wa State Army mit rund 30’000 Soldaten, und die Kachin Independence Army. Beide Armeen haben ihre Truppenübungen verstärkt und mit Truppen anderer Ethnien militärische Allianzen geschlossen. Die ethnischen Minderheiten sehen die Wahlen als ein Mittel, die Ethnien ihrer ganzen Selbstbestimmung zu berauben.

Die Gegner rüsten zum Krieg

"Wir hatten große Hoffnung, die Probleme mit politischen Mitteln lösen zu können, aber die haben sich zerschlagen", sagte Lahpai Nawdin, Mediensprecher der Kachin, am Rande eines Treffens mit Aktivisten in der nordthailändischen Stadt Chiang Mai. "Daher bereiten wir uns jetzt auf einen unvermeidlichen Bürgerkrieg vor. Wir müssen uns verteidigen." Es gebe keine andere Wahl, als sich zusammen zu schliessen. So könnte eine Heeresstärke von 65’000 Kämpfern zusammengezogen werden.
Auch die Militärjunta bereitet sich vor. Sie hat 50 Russische M-24 Kampfhubschrauber gekauft, die oft in der Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden, und einige Zivilbeamte von den potentiellen Kriegsgebieten abgezogen. 
Trotz der Unheil verkündenden Vorzeichen sind sich Experten einig, dass weder die Militärregierung noch die ethnischen Minderheiten auf einen Krieg aus sind. Auch China als einflussreichster und engster Verbündeter werde sich für Frieden in dem südostasiatischen Land einsetzen. Das Land pflegt lukrativen Handel mit den ethnischen Minderheiten, in deren Gebieten Holz, Jade und andere Naturschätze liegen. Ausserdem will China einen Weg durch ethnisches Gebiet bis zum indischen Ozean mit einer Erdgas-Pipeline bauen, um so den Gütertransport zu seinen Binnengebieten im Südwesten zu beschleunigen.
Quellen: Widerstand gegen Wahlen in Burma wächst, NZZ online, 05.11.2010, www.nzz.ch; Associated Press 02.11.2010, UPI 01.11.2010+03.11.2010 in: Burma News 03.11.2010