Burma nach dem Tourismusjahr: Wirtschaftskrise, Drogen, Aids
Nach der im Juli 1997 erfolgten Aufnahme Burmas in die asiatische Staatengemeinschaft ASEAN gab Lt. ‑Gen. Khin Nyunt, hochrangiger Funktionär des burmesischen «Staatsrates zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung» (SLORC) und Chef der «Military Intelligence», der Bangkok Post gegenüber seiner Hoffnung Ausdruck, das Land könne nun hochkarätige ASEAN‑Treffen beherbergen, was nicht nur sein Ansehen im Ausland verbessern sondern auch den Tourismus ankurbeln würde. Wohl nötig, nachdem das Tourismusjahr zum Flop geriet. Dies obwohl der Dienstleistungs‑, Hotel‑ und Fremdenverkehrssektor 1996 mit 565 Millionen US Dollar mit Abstand am meisten Auslandsinvestitionen auf sich zog, gefolgt von der Erschliessung der Erdölvorräte mit 381 Millionen US Dollar. Diese beiden Bereiche der burmesischen Wirtschaft machen 70 Prozent der gesamten Investitionen aus. In einem Land, in dem 70 Prozent der Erwerbsbevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind und 63 Prozent des Bruttoinlandproduktes in diesem Sektor erwirtschaftet werden, kann die Konzentration der Investitionen auf die Erschliessung der Energievorräte und den Fremdenverkehr die Lebensbedingungen der Bevölkerung kaum verbessern. Für beide Bereiche sind zudem gewichtige Importe nötig, was das Zahlungsbilanzdefizit noch erhöht. Burmas Auslandschulden belaufen sich auf über 6 Milliarden US Dollar, die Inflation schwankt zwischen 30 und 40 Prozent und Wirtschaftsexperten sowie der Internationale Währungsfonds attestieren Burma die schlimmste Krise seit der Machtergreifung der Militärs 1988. Der Tourismus scheint in der Tat wenig zur Sanierung der Wirtschaft oder zur Verbesserung des internationalen Images beizutragen, unerlässlich ist der touristische Geldsegen hingegen für die grosse Wäsche der Drogengelder, über die zunehmend die machthabenden Generäle verfügen, was ihnen wiederum die kostspieligen Waffenkäufe im Ausland ermöglicht. Besonders geeignet für Geldwäscherei sind die Casinos, wie sie in den Grenzregionen zu Thailand aus dem Boden spriessen, etwa das nach Vorbildern aus Hongkong kopierte Casino mit Fünfstern‑Hotel von Kawthaung, das vom begnadigten Drogenbaron Khun Sa und dem SLORC finanziert wurde. Während Burma gemäss dem Pariser «Observatoire Géopolitique des Drogues» mittlerweile den fragwürdigen Spitzenplatz der Heroinproduzenten weltweit einnimmt, fordern die Drogen ein hohes Tribut von der burmesischen Bevölkerung: 60 bis 70 Prozent der Heroinsüchtigen seien laut einem unveröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen mit dem HI‑Virus infiziert, das wären 450’000 bis 500’000 Menschen. Erschreckend hohe Infektionsraten wurden auch bei Untersuchungen von Prostituierten in der Grenzregion zu Thailand registriert. Der Tourismusminister General Kyaw Ba hat diese alarmierenden Zahlen umgehend bestritten und erklärt, dies seien Falschinformationen, um das Regime zu schädigen.
Quellen: Der Bund 4.10.1997; New Frontiers September 1997/August 1997/July 1997, Updated Information on MV/AIDS in Burma August 1997‑ The Irrawaddy 3 0.9.97/3 1.8 ~ 97/3 0.6.97; Bangkok Post 3 0.8.97‑ Le Monde Diplomatique Juin 1997; Le Nouvel Observateur 5‑11 Juin 1997; Der Überblick 3/96/cp