Soll der Ausbau des Tourismus in nachhaltiger Weise vonstatten gehen, müssen sich Lokalbehörden, Unternehmen und Gemeinschaften besser koordinieren und der Lokalbevölkerung ein grösseres Mitwirkungsrecht in den tourismusrelevanten Entscheidungen sowie eine Teilhabe an der Tourismuswirtschaft einräumen. Dies ist das Fazit eines Multi-Stakeholder-Workshops zu Verantwortungsvollem Tourismus und Menschenrechten in Myanmar, den das Myanmar Centre for Responsible Business und die Hanns Seidl Stiftung diesen Herbst in Naypyidaw veranstaltete.
Über hundert TeilnehmerInnen aus Kreisen der Regierung, der Tourismusbranche Myanmars, Wirtschaftsverbänden diskutierten an diesem Anlass mit zivilgesellschaftlichen Gruppen sowie internationalen NGOs und Tourismusfachleuten über drängende Themen wie Landrechte, Schutz der Kultur und der Umwelt. Hauptsorge der Teilnehmenden war das Fehlen lokaler Mitwirkung bei der Planung in Tourismusdestinationen. Die weiteren Brennpunkte waren das Abfall- und Wassermanagement, Sicherheit, Zugang zu Land und Umsiedlung von Gemeinschaften sowie die Auswirkungen des Tourismus auf die Kinder.

Gute Rahmenbedingungen – mangelhafte Umsetzung in der Praxis

Es war eine Gelegenheit zur Standortbestimmung hinsichtlich der Umsetzung des 2013 von der Regierung verabschiedeten Tourismus Masterplans für integrierte Planung und Raumplanung ebenso wie bezüglich der mit Unterstützung der Hanns Seidel Stiftung entwickelten "Responsible Tourism"-Strategie von 2012 und der "Community Involved Tourism Policy" von 2013. In seiner Eröffnungsansprache unterstrich HE U Htay Aung, Minister für Hotels und Tourismus, dass diese im Zuge von Myanmars Reformen beschlossenen Strategien die Handlungsgrundlage für künftige Tätigkeiten bildeten.
Doch viele Teilnehmende vermerkten kritisch, dass der Einbezug der Lokalbevölkerung im Tourismus trotz solch starken Rahmenbedingungen in der Praxis nicht stattfinde. Hauptsächlich sei dies dem Mangel an Know-how, Geld und Zeit geschuldet, die für eine wirksame partizipative Entscheidungsfindung nötig seien. Doch neben allem finanziellen und technischen Support von Gebern brauche es auch den politischen Willen.
Das Myanmar Centre vor Responsible Business MCRB stellte ihre Untersuchung von "Hotelzonen" in Tada Oo, Inle und Bagan vor: Der Entschädigungsansatz für Land- und Ernteverluste in Tada Oo und Inle hatten zu lokalen Konflikten geführt, ebenso wie zur einem Vertrauensverlust und dem Eindruck, es gehe um Landspekulation. Im Inle-Seengebiet wurden von Gästen wie Einheimischen die Auswirkungen des Tourismus auf die Landschaft und Umwelt kritisiert. In Bagan waren die Hauptsorgen der Befragten nicht Entschädigung und Lebensunterhalt, sondern die Rechtmässigkeit von Hotelbauten in kulturell geschützten Gebieten und die Forderung nach Konsistenz und Transparenz bei Entscheidungsprozessen. Die burmesische NGO Tourism Transparency erläuterte in ihrer Präsentation die Gefahren der Tourismusentwicklung in Inle und aufkommenden Destinationen wie Natmataung und Indawgyi für die Gemeinden und die Umwelt.
Es wurden aber auch Positivbeispiele für den Einbezug der Gemeinden im Tourismus vorgestellt. Im Kayah State unterstützt das Internationale Handelszentrum (ITC) Dörfer bei der Entwicklung von Natur- und Kultur-Rundgängen und bei Studienreisen zu gemeindebasierten Tourismusprojekten in Thailand. In den Distrikten Thandaung-gyi und Pakokku haben Gemeinden, die von Peace Nexus und Action Aid unterstützt werden, kürzlich grünes Licht für den Betrieb einer B&B-Unterkunft erhalten, die einen längeren Aufenthalt der TouristInnen und damit eine höhere lokale Wertschöpfung erlaubt.

Herausforderung Menschenrechte

Das Eröffnete mit der Vorstellung der Ergebnisse seinesSector Wide Impact Assessment vom Februar die Menschenrechtsperspektive auf den Tourismus. Matthias Leisinger stellte als Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung von Kuoni Travel die Menschenrechtsstrategie des Konzerns vor. Er sprach auch über die Kuoni-Mitgliedschaft bei der europäischen Multi-Stakeholder-Initiative"Roundtable Human Rights in Tourism". Daraufhin überlegten die TeilnehmerInnen, wie die Stakeholder im Tourismus in Myanmar zusammenarbeiten könnten, um spezifische Menschenrechtsanliegen wie den Schutz der Kinder, die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Gäste anzugehen.

Schutz und Inwertsetzung des Natur- und Kulturerbes

Wie kann das Kultur- und Naturerbe des Landes gleichzeitig in Wert gesetzt und geschützt werden? Das Ministerium für Kultur stellte die Entwicklung von Pyu Welterberegionen wie Sri Ksetra zu Destinationen für TouristInnen aus dem In- und Ausland vor. Darauf entspann sich eine vertiefte Diskussion zwischen Vertretern der Wirtschaft, der Regierung und der Zivilgesellschaft über die Herausforderung, Bagan gleichzeitig zum Tourismus-Hotspot und zu einer potenziellen Welterberegion zu entwickeln. Die Teilnehmenden erhielten dazu einen Input von Professor Walter Jamieson der Thammasat University über die Erkenntnisse aus den Welterbedestinationen in Thailand und Laos.
Vicky Bowman, Direktorin des Myanmar Centre for Responsible Business, kommentierte: "Dieses Treffen hat gezeigt, wie Transparenz, kontinuierliche Kommunikation, der Austausch von Erkenntnissen und der Einbezug verschiedener Perspektiven bessere Entscheide für eine nachhaltigere Entwicklung des Tourismus fördern. Die aktuelle Geschichte der "Hotel Zonen" in Myanmar zeigt wie schnell gefällte Entscheide ohne volles Verständnis für das lokale Potenzial, die Auswirkungen auf Umwelt und Kultur, die Marktbedürfnisse und die lokalen Anliegen zu schlechten Ergebnissen für die Gemeinden, wirtschaftlichen Verlusten für die Unternehmen, Umweltzerstörung und unzufriedenen Touristen führen können."
Achim Munz, Ortsvertreter der Hanns Seidel Stiftung Myanmar, erklärte: "Der Workshop in Naypyidaw belegt das Bedürfnis für Multi-Stakeholder-Diskussionen auf lokaler Ebene über die Tourismusentwicklung in den etablierten und aufkommenden Destinationen Myanmars. Für 2016 plant die Hanns Seidel Stiftung in Zusammenarbeit mit Partnern weitere solche Diskussionen zu ermöglichen, bei denen auf einige der hier geäusserten Brennpunkte vertieft eingeht, wie die Zonenplanung und das Management der Umweltwirkung, um zu gewährleisten, dass der Tourismus zur Flamme wird, die den Reistopf erhitzt, und nicht zur Feuersbrunst, die das Haus abfackelt."