Burmesische Dorfbewohner versus Erdölkonzern Unocal: Erster Gerichtsfall gegen US-Unternehmen wegen Menschenrechtsverletzungen
Der 11 Milliarden US Dollar-schwere Erdölkonzern Unocal mit Sitz im kalifornischen El Segundo wird sich im Juni 2005 vor dem Obergericht Kaliforniens wegen Menschenrechtsverletzungen an burmesischen DorfbewohnerInnen zu verantworten haben. Die BurmesInnen klagen gegen den Konzern, weil sie für den Bau der Erdgas-Pipeline zwischen 1993 und 1996 von burmesischen Streitkräften, die vom Erdölkonsortium angestellt worden waren, nachweislich zu Zwangsarbeit rekrutiert, versklavt, vergewaltigt und gefoltert worden sind. Verschiedene Familienangehörige der KlägerInnen wurden während der Bauarbeiten an der Gas-Pipeline ermordet. Der US-Konzern Unocal hält 28,6 Prozent an der Yadana-Gasplattform, die auch das benachbarte Thailand mit Erdgas beliefern soll und unter der Leitung des französischen Erdöl-Multi TotalFinaElf steht, der mit über 30 Prozent am Unternehmen in Burma beteiligt ist. Wie heute klar ist, wurde Unocal, bevor der Konzern in Burma einstieg, von verschiedener Seite, unter anderem vom britischen Geheimdienst, über die Menschenrechtssitu-ation, die Militärjunta und die Risiken für ausländische Unternehmen in Burma aufgeklärt und vor einem Geschäftsengagement gewarnt. Dennoch hat sich Unocal am Erdgaskonsor-tium in Burma beteiligt, das vier Armeebataillone – schätzungsweise 2’400 Mann – anheuerte und die Soldaten bezahlte, um die Arbeit an den 63 Kilometern Pipeline durch die Tenasserim Division zu sichern, einem Gebiet, das mehrheitlich von den ethnischen Minderheiten der Karen und der Mon bewohnt wird. Dabei wurden massive Menschenrechtsverletzungen begangen, die durch verschiedenste Zeugenaussagen dokumentiert sind. Aus Angst vor Repressalien jedoch wollen die Dorfbewohner anonym bleiben; ihre Interessen werden von der Nichtregierungsorganisation „EarthRights International“ vertreten, die während acht Jahren den Fall durch die US-amerikanische Justiz zog. In den Vereinigten Staaten wehren sich Wirtschaftskreise vehement gegen diesen Präzedenzfall, und der Sprecher von Unocal verteidigt sich mit der rhetorischen Frage: „Wenn du einen Kaffee bei Starbucks kaufst, bist du dann auch verantwortlich für die Geschäftspraktiken von Starbucks?“ Wenn nämlich im Juni 2005 die Klage vor das kalifornische Obergericht kommt, wird erstmals ein Unternehmen wegen Menschenrechtsverletzungen im Rahmen seiner internationalen Aktivitäten angeklagt. Das ist – gelinde gesagt – auch nicht ganz unbedeutend für die Tourismusunternehmen, die heute aller Warnungen zum Trotz frischfröhlich in Burma Geschäfte treiben. /plus
Quellen: The Irrawaddy, Nov. 2004, www.irrawaddy.org; Dossier über Menschenrechtsverletzungen in Burma im arbeitskreis tourismus & entwicklung, www.akte.ch