Die BewohnerInnen des „Central Kalahari Game Reserve“ (CKGR), eines 52’000 Quadratkilometer grossen Naturschutzparks inmitten Botswanas, sind am 19. Februar 2002 an den Gerichtshof von Lobatse gelangt, um die Aufhebung eines Regierungsentscheids zu erreichen. Denn am 31. Januar hatte die Regierung des afrikanischen Staates ihre umstrittenen Pläne wahrgemacht und die Grundversorgung mit Wasser und anderen lebensnotwendigen Diensten für die im Naturschutzgebiet lebenden G||ana und G|ui Buschleute eingestellt. Wassertanks in den sechs Siedlungen sowie die Wasserpumpe am Mothomelo Bohrloch wurden demontiert und die mobilen Gesundheitskliniken, der Schultransport sowie die Nahrungsmittelversorgung der Waisenkinder und Alten eingestellt. Die Regierung argumentiert, dass sie sich die Kosten für die Wasserversorgung im Naturschutzgebiet nicht mehr leisten könne und eine Grundversorgung der Menschen nur in den – Hunderte von Kilometern entfernten – Umsiedlungslagern gewährleisten könne. Obwohl die Regierung an der Freiwilligkeit der Umsiedlung festhält, ist für das botswanische Menschenrechtszentrum Ditshwanelo klar, dass die Einstellung der Versorgung die etwa 700 verbliebenen ParkbewohnerInnen dazu zwingt, ihren angestammten Lebensraum zu verlassen und ihre traditionelle Lebensweise als Jäger und Sammler aufzugeben. Den gleichen Effekt hat der jüngste Entscheid des „Department of Wildlife and National Parks“ (DWNP), die Spezialbewilligung aufzuheben, die es den Buschleuten im CKGR bisher erlaubt hatte, eine begrenzte Anzahl Wildtiere auf traditionelle Weise zu jagen sowie Wildpflanzen und Früchte zu sammeln.
Obwohl das Reservat 1961 ausdrücklich geschaffen wurde, um den G||ana und G|ui eine Basis für die Fortsetzung ihres traditionellen Lebens zu bieten, sind in den vergangenen 17 Jahren rund 2’200 Buschleute aus dem CKGR umgesiedelt worden, berichtet der Nachrichtendienst BBC. „Wir wollen die Buschleute stärken und sicherstellen, dass sie in diesem Land eine Zukunft haben. Sie können nicht für immer Nomaden bleiben“, erklärt Generalmajor Moeng Pheto, der als pensionierter Armeeoffizier die Umsiedlung beaufsichtigt, gegenüber der BBC. KritikerInnen bemängeln indes nicht nur die gewalttätigen Vertreibungen und prekären Lebensbedingungen in den Umsiedlungslagern, sondern werfen der Regierung vor, hinter der Umsiedlung stünden eine veraltete Naturschutzideologie, die Tiere vor die lokale Bevölkerung stelle, sowie handfeste kommerzielle Interessen an den Diamanten- und Mineralienvorkommen im Reservat. Erfolgreich eingeklagte Landrechte der Buschleute stünden diesen Interessen entgegen.
Zwar hat die Regierung Botswanas Ende der 90er Jahre einen Kurswechsel vollzogen und in Gesetzesänderungen anerkannt hat, dass Menschen in und rund um Naturschutzgebiete nicht mehr umgesiedelt, sondern innerhalb ihres Lebensraums „entwickelt“ werden sollen, schreibt das Menschenrechtszentrum Ditshwanelo. Doch mit der Einstellung der Grundversorgung zwinge die Regierung die Menschen erneut zum Wegzug und verstosse damit gegen die in der Verfassung und in der Menschenrechtscharta verankerten Rechte der Bevölkerung. Im Namen des Verhandlungsteams, das 1997 für die Aushandlung von Landrechten für die BewohnerInnen des „Central Kalahari Game Reserve“ geschaffen wurde, verlangt Ditshwanelo, dass die Regierung die Grundversorgung der Menschen im Naturreservat wieder sicherstellt und sämtliche Vertriebenen auf ihr Ahnenland zurückkehren lässt. Zudem ruft das Menschenrechtszentrum die Regierung auf, ihr „Department of Wildlife and National Parks“ (DWNP) mit dem begonnenen Verhandlungs- und Partizipationsprozess fortfahren zu lassen und so die Umsetzung des „Community Based Nature Ressource Management Programme“ (CBNRM) zum Vorteil der ansässigen Bevölkerung voranzutreiben. In früheren Diskussionen hatten sich das Verhandlungsteam und das DWNP bereits darauf geeinigt, dass die ParkbewohnerInnen am Management der Naturressourcen beteiligt werden und daraus Einkommen erzielen sollen. Für jede einzelne „Community Use Zone“ sollen Bedingungen ausgehandelt werden, unter denen die Lokalbevölkerung die Verantwortung für das Ressourcenmanagement und die Tourismusentwicklung im Schutzgebiet übernehmen könnte. /frei

Quellen: BBC News, 23.1. und 18.3.2002; UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, 25.1., 4.2. und 15.2.2002 (www.irinnews.org); Pressemitteilungen von Ditshwanelo im Namen des Verhandlungsteams, 31.1. und 20.2.2002; Survival International, 6.3.2002