Tourismus zwischen Biotop und künstlichen Paradiesen

    Die Autorinnen haben eine spannende Story aus dem Stoff neuer Touris¬mustrends und deren Kritik gewoben. In flüssiger und bildhafter Sprache ver¬mitteln sie einen umfassenden Abriss der Tourismuskritik. Neben Ausführun¬gen zum Meinungsstreit über die Auswirkungen des Tourismus und mögliche Verbesserungen ist das Buch gespickt mit Seitenhieben auf die Machtneurosen und Profilierungssehnsüchte mancher wahrer und Möchtegerne Leitfiguren der tourismuskritischen Szene. Schade, dass die Entwicklung der Tourismuskritik in anderen europäischen und aussereuropäischen Staaten unerwähnt bleibt. Da¬mit wurde eine weitere Chance nicht genutzt, das Spezifische des Aufschwungs und Niedergangs der Tourismuskritik und seiner Netzwerke im deutschsprachi¬gen Raum erklären zu können. Keine der alten und neuen Spielarten des Tourismus, die Umweltschutz aus ethischen oder Wettbewerbs Gründen auf ihren Fahnen stehen haben, kann der Kritik der Autorinnen standhalten. Diese beleuchten gekonnt die Struk¬turmerkmale des modernen Massentourismus, die Funktion des Tourismus in der Freizeitgesellschaft, die ungerechten Wirtschaftsstrukturen in den Fernrei¬seländern in der Dritten Welt von verschiedenen Seiten und finden dabei jedes Haar im Tourismus Allerlei. Mit ihrem Anspruch, Wege und Lösungen für die Probleme des Tourismus auf¬zuzeigen, legen sich die beiden profunden Tourismusexpertinnen selbst einen überflüssigen Stolperstein in den Weg: Sie plädieren in ihrem sehr empfehlenswerten Buch für Massnahmen, die sie an anderer Stelle im Buch als Scheinlö¬sungen entlarven. Bei der zukünftigen Tourismusentwicklung müsse das Prinzip des «sustainable development» zum Tragen kommen, und dazu bedürfe es re¬gionaler Erschliessungskonzepte und langfristiger wirtschaftlicher Strukturent¬wicklung. Als wünschenswerte Massnahmen jenseits symbolischer Politik wer¬den Förderung alternativer Kooperationsmodelle, Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Produkte aus der Region, Begünstigung der Nutzung be¬stehender Bausubstanz, Förderung der Qualitätsverbesserung oder rechtliche Absicherung der Arbeitskräfte aufgelistet. Vorschläge, die in ihrer Kürze plaka¬tiv wirken. Am Plädoyer für eine Repolitisierung der Diskussion sollte im Sinne der Autorinnen weiter gewoben werden.
    Beck Verlag München 1995, 141 Seiten, DM/Fr. 17.80