Christiane Kahrmann, Hoffen auf den reichen Strand
Selten genug geht die wissenschaftliche Forschung der Frage nach, wie BewohnerInnen touristischer Regionen den Fremdenverkehr einschätzen und erleben; nicht zuletzt, weil die Erfassung einheimischer Sichtweisen die oft aus Tourismus-Entsenderländern stammenden Forschenden vor erhebliche methodische Schwierigkeiten stellen. In ihrer Dissertation nimmt Christiane Kahrmann verschiedene in der Tourismusforschung angewandte ethnologische Methoden und Theorien kritisch unter die Lupe, um ihre eigene Vorgehensweise zur kulturvergleichenden Untersuchung zwischen den Inselstaaten Fidschi und Cook-Inseln zu verankern. Während ausgedehnteren Forschungsaufenthalten trug sie eine Fülle von empirischen Daten über die Einschätzung des Tourismus und seinen Auswirkungen von BewohnerInnen dieser beiden unabhängigen Inselstaaten zusammen und zog in der Auswertung zusätzlich vergleichende Informationen aus Samoa und Hawaii, insbesondere der polynesischen Minderheit Hawaiis, bei. Entstanden ist eine umfangreiche Bestandesaufnahme und Analyse einer breiten Palette von Wahrnehmungen von Reisenden und Fremdenverkehr, die je nach makro-ökonomischen und politischen Bedingungen – koloniale Vergangenheit, Kapazitäten einer touristischen Region sowie Art und Intensität der Tourismusentwicklung, Grad der Betroffenheit und der Partizipation von Einheimischen an Tourismusentscheiden – enorm variieren kann. Abgestützt auf das von ihr erläuterte Prinzip der Reziprozität zeigt die Autorin an konkreten Beispielen auf, wie sich die in das Austauschverhältnis eingebrachte Ressource Land zunehmend zum Konfliktpotential entwickelt, wenn die oft informellen Landrechte von Hoteleignern im Einklang mit lokalen Vermittlern missachtet werden, die angestammten BewohnerInnen nicht nur die Kontrolle übers Land verlieren, sondern damit verbunden ihre Identität gefährdet sehen und zunehmend mit Widerstand und Ablehnung des Tourismus reagieren.
Dietrich Reimer Verlag Berlin 1995, 363 S. Fr. 78.-