Christoph Becker, Hubert Job, Anke Witzel: Tourismus und nachhaltige Entwicklung
Immer öfter ist vom "nachhaltigen Tourismus" die Rede. Da besteht Klärungs-bedarf, stellen die AutorInnen der neuen Nachhaltigkeitsstudie zum Tourismus fest. Denn würden die Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung in der Praxis konsequent auf Tourismus angewandt, so müssten "möglichst nahegelegene Reiseziele über einen möglichst langen, zusammenhängenden Zeitraum mit möglichst umweltfreundlichen Verkehrsmitteln aufgesucht werden". Dieses Szenario entspricht nun keineswegs der aktuellen Entwicklung im Reisebereich, die sich nach den individuellen Freizeitbedürfnissen der Klientel richtet und vom Leitbild der kurzfristigen Gewinnmaximierung der Tourismusunternehmen bestimmt wird. Das fragwürdige Begriffspaar "nachhaltiger Tourismus" bewusst vermeidend, entwerfen die drei ExpertInnen aus Geographie, Raumplanung und Umweltwissenschaften der Universität Trier ein ganzheitliches Modell, anhand dessen zwar nicht sämtliche Aspekte, aber doch ganz entscheidende ökonomi-sche, ökologische und soziale Dimensionen einer touristischen Reise auf ihre Nachhaltigkeit hin überprüft werden können. Bestechend ist dabei die Idee, die Bewertung der Nachhaltigkeit so einfach zu gestalten, dass sie den Konsument-Innen eine leicht verständliche Hilfestellung bei ihrem Reiseentscheid zu geben vermag. Dazu werden fünf Schlüsselbereiche definiert; Raumüberwindung /Trans-port, Ressourcennutzung, Arbeitsplatzeffekt, Wirtschaftlichkeit (Was bewirken meine Devisen?) sowie kulturelle Implikationen/Menschenrechte. Die fünf Bereiche werden zu einem "Reisestern" zusammengefügt; die Länge der Zacken des Sterns gibt den Reisewilligen Auskunft über die Auswirkungen ihrer geplan-ten Reise. Sicher gilt es, im Detail noch viele wunde Punkte in der Anwendung eines solchen "Reisesterns" zu klären und nicht zuletzt die entscheidende Frage, wer denn die Bewertung vornimmt und kontrolliert. Dennoch überzeugt die Stossrichtung einer transparenten, kundennahen Bewusstseinbildung der Reisen-den, die sich wohltuend von der grassierenden Diskussion um allheilbringende, vereinfachende Gütesiegel abhebt.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, 184 Seiten, Fr. 37.-