Basel, 16.06.2014, akte/ Wenn heute um sechs der Anpfiff zum Spiel Deutschland gegen Portugal ertönt, wissen die Fussballathleten wohl kaum etwas über die Unruhen, die der Bau der Anlagen und die Sicherheitsmassnahmen rund um die Copa in Bahia bei der Lokalbevölkerung verursacht hat.

Ausgeschlossen

Der Zugang von der Strasse zum ärmlichen Dorf St. André gegenüber dem Resort, das für die Unterbringung der Fussballspieler und ihrer Betreuer gebaut wurde, ist abgeriegelt. Wer in St. André wohnt, muss sich ausweisen, um überhaupt zur eigenen Wohnung durchgelassen zu werden. Maiara Alcântara da Luz, 29, arbeitslos, ist im Dorf Santo André in Santa Cruz Cabrália geboren und aufgewachsen und wohnt mit sechs Personen in einem einfachen Häuschen. Sie hat sich geweigert, einen solchen Ausweis machen zu lassen, weil sie findet: "Ich empfand es als Demütigung. Es sind doch die, die von aussen kommen, die sich identifizieren sollen, nicht die, die schon seit ihrer Geburt hier gelebt haben". Auch eine der beiden Fähren, die den Zugang zu St. André vom Wasser her gewährleistet, wurde für die deutsche Mannschaft konfisziert.
Eine ortsansässige Journalistin verglich den Zaun gegenüber der WM-Zeitung Folha na Copa 2014 mit einer Berliner Mauer, die für die Deutsche Mannschaft gebaut werde – im 25. Jahr nach dem Abriss des Originals. Verfassungsgemäss ist eine solche Abriegelung Einheimischer nicht, aber für die WM wurde ein Sondergesetz erlassen – das offenbar Verfassungsrechte ausser Kraft zu setzen vermag:
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Endspiel?

Bei einer solchen Behandlung ist es kein Wunder, das viele BrasilianerInnen auf eine Niederlage ihrer Mannschaft hoffen: Eine solche würde den nationalen Aufstand gegen eine Politik für die Begüterten auf Kosten der Mehrheit beschleunigen. Die brasilianische Mannschaft hat zwar die erste Hürde genommen, aber auch ein Ausscheiden im Achtelfinale könnte, nach Einschätzung von Peter Körte, Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin, sogar das Ende der Fussball-Weltmeisterschaften einläuten.