Demokratische Opposition Burmas heisst verantwortlichen Tourismus willkommen
Basel, 07.06.2011, akte/ "Die NLD heisst BesucherInnen willkommen, die auf das Wohl der breiten Bevölkerung und den Schutz der Umwelt Wert legen und Einblick in das kulturelle, politische und gesellschaftliche Leben des Landes erhalten möchten, während sie ihren Urlaub in Burma geniessen." Mit ihrem Statement vom 20. Mai 2011 revidiert die NLD ihre langjährige restriktive Haltung gegenüber dem Tourismus und entwirft das Profil für einen zukunftsweisenden verantwortlichen Tourismus.
Anfang 1996, im Vorfeld des vom Militärregime ausgerufenen Tourismusjahrs "Visit Myanmar Year 1996", appellierten die demokratischen Kräfte des Landes – Nobelpreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die Nationale Liga für Demokratie (NLD) sowie zahlreiche demokratisch gewählte Abgeordnete im Exil – an westliche Investoren und Reisende, erst nach Burma zu kommen, wenn sich ein echter Prozess der Demokratisierung abzeichne und die Einheimischen in Freiheit leben könnten. Die Militärmachthaber wollten mit dem auf Hochglanz getrimmten Werbejahr für Tourismus ihr im Ausland angeschlagenes Image aufpolieren. Unter schwierigsten Bedingungen geführte Recherchen im Lande brachten aber an den Tag, dass die machthabenden Generäle den Ausbau der touristischen Infrastrukturen mit massivsten Menschenrechtsverletzungen – Zwangsarbeit und Zwangsvertreibungen von Tausenden von Einheimischen – vorantrieben und sich vorab das Gros der Einkommen aus dem neuen Wirtschaftszweig sicherten. Wiederholt riefen die demokratischen Kräfte Burmas seither zum Boykott des Tourismus auf, wobei sie besonders den organisierten Massentourismus ins Visier nahmen, der nicht ohne den Segen der Militärdiktatur und in enger Zusammenarbeit mit den Militärmachthabern erfolgen konnte.
Die Wahlen von November 2010 scheinen nun aber Bewegung in die langjährigen Kontroversen zum Tourismusboykott der demokratischen Opposition zu bringen, obwohl diese erste Volksbefragung in Burma seit 20 Jahren weder als frei noch als demokratisch bezeichnet werden kann und und die wichtigsten demokratischen Kräfte NLD und Aung San Suu Kyi ausschloss. Bereits nach ihrer Freilassung aus dem jahrelangen Hausarrest kurz nach den Wahlen befürwortete Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi eine Öffnung für einen verantwortlichen Tourismus. Unter dem Eindruck der ersten zaghaften Schritte auf eine Demokratisierung im Lande hin nimmt jetzt auch die NLD neu Stellung zum Tourismus: In ihrem ausführlichen Statement unterstreicht sie die Bedeutung der Förderung eines verantwortlichen Tourismus als dringend benötigte neue Einkommensquelle. Zugleich warnt sie aber eindringlich vor den – bereits bekannten – negativen Folgen der herkömmlichen Tourismusentwicklung wie Zwangsarbeit und Ausbeutung, der Konzentration der Tourismusgeschäfte in den Händen weniger, oft altgedienter Militärangehöriger sowie der Zerstörung der Natur und des kulturellen Erbes durch neue Erschliessungen und unsachgemässe Renovationen. Dabei ruft die NLD auch Reiseagenturen und Menschenrechtsorganisationen auf, sich aktiv für verantwortungsvolle Tourismusangebote einzusetzen, die ohne Beteiligung der Regierung, ohne Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen auf den Markt gebracht werden.
Der arbeitskreis tourismus & entwicklung hat gemeinsam mit zahlreichen Menschenrechtsorganisationen den Boykottaufruf der gewaltsam unterdrückten Demokratiebewegung Burmas seit 1996 aktiv unterstützt und die umstrittene Debatte zu Reisen nach Burma kontinuierlich mit aktuellen Meldungen und Stellungnahmen verfolgt. Im engen Austausch mit demokratischen Kräften Burmas im Exil vertreten wir seit Jahren auch eine differenzierte Haltung für sinnvolle Reisen nach Burma, welche mit sorgsamen Kontakten die Isolation der Bevölkerung durchbrechen und über die Zustände im Lande weltweit berichten helfen. Die aktive Förderung eines verantwortungsvollen Tourismus in Burma macht heute zweifellos Sinn. Bloss – da sind wir uns mit unseren burmesischen Fachleuten einig – hat NLD jetzt, da sie faktisch vom Regime aufgelöst wurde, weil sie sich nicht den undemokratischen Bedingungen der Wahlen von November 2010 unterziehen wollte, wenig Handhabe, um politisch mit einem griffigen Programm auch effektiv die Weichen für einen verantwortungsvollen Tourismus zu stellen. Doch genau das wäre jetzt dringend nötig: damit in diesem noch weitgehend vom Massentourismus unverschandelten Land nicht in Kürze mit spekulativen Unternehmen alles touristifiziert wird wie in den Nachbarländern, sondern die wunderbaren Landschaften und das reiche kulturelle Erbe wirksam geschont und die Einheimischen fair an Ausgestaltung und Ertrag des Tourismus beteiligt werden. Das setzt demokratische Mitsprache voraus – und diese ist heute in Burma nicht gewährleistet. Umso wichtiger ist das Engagement der Tourismuswirtschaft, der Anbieter vor Ort, vor allem aber der internationalen Investoren und Touroperators, die sich jetzt ungehemmt auf Burma stürzen werden: Wer sich in Burma engagiert, muss eine Menschenrechtspolicy im Unternehmen ausweisen und sich klar zu einer Entwicklung eines verantwortlichen gerechten Tourismus bekennen, der Umwelt und Kultur schützen hilft und Einheimischen neue faire Chancen bietet. Genau das muss auch für die Reisenden zum Massstab werden, wenn sie Burma buchen.
<media 2894 – – "SONSTIGES, NLD on Tourism 052011x, NLD_on_Tourism_052011x.pdf, 31 KB">NLD-Statement</media>, Mai 2011 (pdf, 32 kb)