Der fairunterwegs-Koffer ärgert sich: All-Inclusive-Resorts sind oft Sweatshop-Oasen
Basel, 23.10.2014, akte/ In den letzten fünf Jahren ist der Anteil an Ferien-Pauschalangeboten in England um 25 Prozent gestiegen, insbesondere in Ferienregionen, die über Mittel- bis Langstreckenflüge erreicht werden, analysiert die britische Marktforschungsfirma Mintel. Gerade in Krisenzeiten wünschen viele UrlauberInnen garantierte Preise, Reiseveranstalter kontrollierte Endprodukte und Hotels noch mehr Effizienz und Planbarkeit des Gästeaufkommens.
In der Studie der tourismuskritischen Organisation Tourism Concern in London hat sich der fairunterwegs-Koffer über die bittere Kehrseite solcher Rundum-Versorgungspakete informiert: Am unteren Ende der Wertschöpfungskette verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen für die Angestellten in Hotels und deren Zulieferbetrieben. Das liegt hauptsächlich am Preiskampf der Reiseveranstalter, für den sie ihre Macht nutzen, um Kosten – einschliesslich der Arbeitskosten – zu senken.
Unterstützt von der Internationalen Union der Lebensmittel-, Landwirtschafts-, Hotel-, Restaurant-, Catering-, Tabak- und anverwandter Arbeitnehmerverbände (IUL) untersuchte Tourism Concern, wie sich Pauschalferien auf die Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte in ausgewählten Destinationen auswirken, und verglich die Situation in Hotels mit und ohne Pauschalarrangements.
Arbeitsbedingungen sind in Hotels schlecht, und in All-Inclusive Resorts noch schlechter
Beim Vergleich kamen die Hotels besser weg als die All-Inclusive Resorts, obwohl die Angestellten aller Hotelarten schlecht bezahlt sind und zu ungünstigen Bedingungen arbeiten, angefangen bei den Arbeitszeiten, die ein Familienleben erschweren, über Stress bis zu Gesundheits- und Unfallgefährdung.
Aber Mitarbeitende in All-Inclusive Hotels arbeiten unter noch schlechteren Bedingungen. Von den Interviewten stand ein grösserer Anteil unter Kurzzeitverträgen mit weniger Leistungen und grösserer Arbeitsplatzunsicherheit. Sie verbringen mehr Zeit mit Gästebetreuung, die sehr stressig sein kann. Sie erhalten weniger Trinkgeld, was ihren Gesamtlohn schmälert, und klagen über mehr unbezahlte Überzeit.
Schon vor zehn Jahren brachte Tourism Concern eine Studie zu den Arbeitsbedingungen in Hotels unter dem Titel "Labour standards, social responsibility and tourism" heraus. Seither, so die Autoren, habe es auch ein paar Fortschritte zu verzeichnen gegeben: Aufgrund des Drucks der Gewerkschaften, kollektiver Verhandlungen, eines breiteren gesellschaftlichen Dialogs und der Durchsetzung entsprechender Gesetze insbesondere in Barbados konnten einzelne Beispiele unternehmerischen Engagements gefunden werden, das sich positiv auf die Situation der Angstellten auswirke und von den Befragten entsprechend geschätzt werde.
Der fairunterwegs-Koffer gratuliert den Mitarbeitenden und Gewerkschaften, die eine solches Engagement zu erstreiten vermochten, und hofft, dass die Beispiele Schule machen. Doch die Branche muss mehr dafür tun, das Menschenrecht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu respektieren, das in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung festgehalten und im Sozial- und Wirtschaftspakt der UN weiter definiert wurde. Sie muss systematisch für angemessene Bezahlung, vernünftige Arbeitszeiten und eine geschützte Arbeitsumgebung sorgen und dasselbe von ihren Geschäftspartnern einfordern.