Findige Studierende am Basler Zentrum für Afrikastudien haben mit der Stadtsafari „Afrika in Basel“ ein touristisches Angebot ganz nach dem Geschmack des fairunterwegs-Koffers auf den Markt gebracht. Für einmal wird nämlich nicht die Exotik in der Ferne verkauft, sondern über exotische Orte, Figuren und Angebote in Basel Haltungen und Hintergründe der Baslerinnen und Basler erkundet.

Aufarbeitung alter Beziehungen zu Afrika

Das Projekt hatte ein Jahr Vorlauf: Im Herbstsemester 2007 vertieften sich Afrikanistik-Studierende zwei Stunden die Woche in die vielfältige Materie und schrieben Semesterarbeiten. Diesen Frühling arbeiteten sie eine Stadtführung mit verschiedenen Stationen aus, in enger Zusammenarbeit mit dem Verein Frauenstadtrundgang Basel. Dieser Verein bietet seit den 90er-Jahren mit gutem Erfolg thematische Rundgänge durch Basel an, die Fragen aus der Frauen- und Geschlechterforschung aufgreifen. Veit Arlt, Dozent am Zentrum für Afrikastudien der Universität Basel und Initiant des Projekts, erlebte die Zusammenarbeit sehr positiv: „Michela Seggiani, die Koordinatorin des Vereins Frauenstadtrundgang Basel, lief zum Beispiel mit der Stoppuhr die von den Studierenden vorgeschlagenen Routen ab. Sie weiss, wie viel Zeit zum Gehen zwischen den Stationen eingerechnet werden muss. Wann ein Ort für einen Zwischenhalt zu laut ist, oder die Stosszeiten eine Stadtsafari verunmöglichen. Wir wollten ja nicht das Rad neu erfinden. Sie half uns sehr viel mit ihrem Know-how.“

Viel Engagement für den Stadtrundgang

Arlt hat selbst zusammen mit der jeweiligen Kursleiterin (Franziska Rüedi, respektive Christine Giustizieri) viel Herzblut in das Projekt gesteckt. Ihn fasziniert die Herausforderung, komplexe Materien so aufzubereiten, dass sie auf sieben Stationen innert wenigen Minuten packend und inspirierend weiter gegeben werden können. Aber auch die Herausforderung, die Forschung aus dem engen Kreis der Wissenschafter in die breite Bevölkerung hinauszutragen. Ein aufklärerischer Anspruch in eine Richtung, die er mit einem Beispiel illustriert: „Die Basler sind ja ganz besessen von ihrem Zolli. Ich fände es gut, wenn sie auch etwas über dessen Hintergründe wüssten, über die Völkerschauen oder darüber, wer die Wildtiere wie nach Basel gebracht hat, und was das mit Kolonialismus und Imperialismus zu tun hat.“ Arlt hätte den BaslerInnen mit der Stadtsafari auch gerne die Augen geöffnet über die Zusammenhänge zwischen dem Sklavenhandel, der Textilindustrie und den Färbereien (die Basis für die späteren chemischen Industrien), die für den Sklavenhandel wichtige Handelsgüter herstellten, dem so angehäuften Kapital, und der Wohltätigkeit über die verschiedenen Stiftungen. Mit seinem Wissen und Engagement vermochte Arlt die Studierenden für viele Themen zu begeistern. Sie konnten unter einer breiten Palette wählen – und haben gerade das Thema Sklavenhandel nicht berücksichtigt. Trotzdem zeige die Safari etwas über die Geschichte der Schweiz: „Das Fremde, das wir immer wieder in die Schweiz geholt haben, diente dazu, uns selbst unsere abendländischen Zivilisation zu beweisen. Dazu wurden gerne Vorurteile bedient: Etwa barbusige („freizügige“) Afrikanerinnen im Zolli im Gegensatz zu den gut gekleideten („wohlanständigen“) Baslerinnen.“ Die Schweiz berufe sich stets darauf, keine Kolonien gehabt zu haben. Dadurch habe das Land Mühe, wenn es um die Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialialen und imperialen Kultur und deren Erbe gehe.

Grosser Erfolg beim Publikum

Seit dem 24. Mai dieses Jahres können Interessierte aus nah und fern durch Basel pirschen. „Ob Völkerschauen, Jazz oder Afroshops: Die Stadt Basel besitzt eine lange Tradition von vielfältigen und spannenden Beziehungen mit dem afrikanischen Kontinent. Diese jahrhundertealten Verflechtungen wirtschaftlicher, politischer, kultureller und wissenschaftlicher Art haben die Entwicklung Basels beeinflusst und Spuren hinterlassen. Wie lebten Afrikanerinnen und Afrikaner im 19. Jahrhundert in Basel? Was war der Kontext der Völkerschauen im Basler Zoo, und wie wurde das Bild des exotischen Afrikas im Musiklokal Atlantis oder in den Kunstgalerien zelebriert? Welche Rolle spielten Missionare in Afrika und wie wurden in Basel entwicklungspolitische Debatten in den öffentlichen Raum getragen? Dies sind nur einige der Fragen, mit denen sich der Rundgang beschäftigt. Zeitgenössische Briefe, Fotografien oder Plakate illustrieren dabei vielfältige Aspekte eines ‚afrikanischen’ Basels.“ Mit dieser Ausschreibung haben der Verein Frauenstadtrundgang und das Zentrum für Afrikastudien viele Interessierte erreicht. Rund 200 Personen haben sich innert gut einem Monat auf die Safari der neuen Art eingelassen. „Obwohl wir extremes Wetterpech hatten und viele Rundgänger durch Wasser gehen mussten, sind alle bis zum Schluss geblieben und haben viele Rückfragen gestellt“, berichtet Arlt. Am Mitarbeitertag der zentralen Universitätsverwaltung war die Stadtsafari eines von vier Angeboten und musste infolge der grossen Nachfrage doppelt durchgeführt werden. Die letzte Station war der Sitz der Basler Handelsgesellschaft am Petersgraben 35 – dort, wo jetzt das Rektorat der Uni Basel angesiedelt ist. „Die alte Verbindung dieser Adresse zu Afrika und anderen Kontinenten hat schon einige beeindruckt. Viele verstehen jetzt besser, warum die Afrikastudien in Basel Sinn machen“, so Arlt. Auch die Studierenden waren begeistert – vor allem im zweiten Semester, als es um die publikumswirksame Aufbereitung ihres Wissens ging.

Marketing mit Entwicklungspotential

Um einen breiteren Vertrieb haben sich die WissenschafterInnen aus Kapazitätsgründen (noch) nicht kümmern können. Was geleistet wurde, ging schon weit über den universitären Alltag hinaus. Auf der Homepage von Basel Tourismus hat der fairunterwegs-Koffer die Stadtsafari vergeblich gesucht. Wer auf Pirsch nach den Spuren von Afrika in Basel gehen will, muss schon gut informiert sein, um den Vorverkauf über die Homepage des Vereins Frauenstadtrundgang oder die Informationen auf der eigens kreierten Seite africanhistory.ch zu finden. Schade, findet der fairunterwegs-Koffer. Fairunterwegs-Reisende möchten gerne mehr über ihre Reiseziele wissen, auch über Basel. Die Stadtsafari, die auf Englisch oder Deutsch buchbar ist, ebenso wie die Frauenstadtrundgänge, sind wertvolle Specials zu Basel, die in den Informationen und Angeboten des offiziellen Basler Verkehrsbüros Basel Tourismus nicht fehlen sollten. Daniel Egloff, Direktor von Basel Tourismus, versteht das Anliegen. Aber er möchte seine eigenen Stadtrundgänge natürlich nicht konkurrenzieren. Da sieht der fairunterwegs-Koffer nur eine Lösung: Basel Tourismus nimmt die Stadtsafari möglichst gleich samt den Stadtrundgängen in sein eigenes Programm auf. „Wir sind immer interessiert an Kooperationen“, sagt Egloff. „Vor allem, wenn es um Projekte geht, die gut laufen. Ich warte, bis die am Projekt Beteiligten auf uns zukommen.“
Die Safari ist auch privat buchbar. Buchungen über www.frauenstadtrundgang.ch; Informationen auch unter www.africanhistory.ch