Basel, 01.12.2006, akte/ Reisen nach Burma sind umstritten. Das weiss der fairunterwegs-Koffer, der schon weit herum gekommen ist und auf seinen Reisen Erfreuliches, aber auch Erschreckendes, Menschenverachtendes erlebt hat. Dazu gehören die massiven Menschenrechtsverletzungen, welche die machthabenden Militärs in Myanmar, wie sie Burma umgetauft haben, an der Bevölkerung des Landes begehen – dies auch im Zuge der Tourismusentwicklung.
Vor gut zehn Jahren, als die Militärjunta zu ihrem Werbefeldzug „Visit Myanmar Year ’96“ rüstete, brachten Recherchen an den Tag, dass für den Tourismusausbau Tausende von Menschen zwangsumgesiedelt und unzählige Menschen – Kinder, Frauen, Gefangene, alte Leute – zu Zwangsarbeit verurteilt wurden. Die neuesten Berichte von UN-Menschenrechtsbeobachtern und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) belegen, dass Menschenrechtsverletzungen, sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder und Zwangsarbeit im ganzen Lande nach wie vor an der Tagesordnung sind und weitgehend ungestraft bleiben. Seit über zehn Jahren fordert die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gemeinsam mit weiteren VertreterInnen der demokratischen Kräfte Burmas aus dem Lande selbst und dem Exil die internationale Gemeinschaft immer wieder dazu auf, jetzt nicht in Burma zu investieren, keine Geschäfte zu treiben und nicht nach Burma zu reisen, bevor eine demokratische Ordnung hergestellt ist.

Boykottieren oder nicht?

Weltweit ist die Diskussion zu Wirtschaftssanktionen und Reiseboykott entbrannt: Gegen den Boykott wird argumentiert, Sanktionen würden nichts bewirken und bloss die bereits hart geknechtete Bevölkerung noch mehr strafen. BefürworterInnen stellen sich hinter die Argumente der demokratischen Opposition, die 1990 einen haushohen Wahlsieg errungen hat, aber von den Generälen nie zur Regierung zugelassen wurde: Die katastrophale humanitäre Situation sowie Hunger und Not unter der burmesischen Bevölkerung seien allein der Misswirtschaft der Generäle zuzuschreiben. Die überwiegende Mehrheit der burmesischen Bevölkerung lebe auf dem Land und profitiere in keiner Art und Weise vom Tourismus; im Gegenteil müsse sie für die Instandstellung von Strassen oder Eisenbahn Zwangsarbeit leisten. Die machthabenden Militärs jedoch nutzten den Tourismus, um ihr Image aufzupolieren, Devisen für die marode Staatskasse und die horrenden Militärausgaben zu erwirtschaften und Gelder aus Drogenhandel und anderen finsteren Geschäften zu waschen. Jede Reise, und führe sie ausschliesslich in private Unterkünfte, trage letztlich über Abgaben neues Geld in die Taschen der Generäle.
Der fairunterwegs-Koffer plädiert für eine differenzierte, aber klare Haltung: Es gibt sinnvolle Reisen nach Burma – von MenschenrechtsbeobachterInnen, Medienschaffenden, engagierten Menschen, die gegen die Isolation der Einheimischen im Lande kämpfen und im Ausland über deren Not berichten. Dazu gehören allerdings touristische Vergnügungsreisen nicht, meint er entschieden. Er hat deshalb routinemässig seine Recherchen im Swiss Travel Handbook und im Netz geführt und – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die stattliche Liste von 30 Veranstaltern zusammengetragen, die heute in der Schweiz Reisen nach Burma anbieten.

30 Veranstalter bieten Reisen nach Burma an

Dabei hat er Altbekanntes, aber auch ein paar alte Bekannte neu entdeckt: Viele kleine Spezialveranstalter, zudem ausnahmslos die Fernostspezialisten sowie die Grossen der Branche: Hotelplan und die Spezialisten der Travelhouse-Gruppe, TUI und … Kuoni. 2003 hatte sich der Kuoni-Konzern auf Druck der britischen „Burma Campaign“ und weiteren Menschenrechtsorganisationen aus dem Burma-Geschäft zurückgezogen. Das Comeback erfolgt nun mit einem Paukenschlag, verkündet doch Kuoni zugleich die Übernahme der Asian Trails Holding. Dieser in Gibraltar eingetragene Reiseveranstalter mit Sitz in Bangkok ist in sieben Ländern Asiens, darunter Burma, tätig, beschäftigt rund 400 Mitarbeitende und weist im laufenden Jahr 90 Millionen Franken Umsatz aus. Gründer von Asian Trails ist Lutzi Matzig, der ehemals für den mächtigen in Asien operierenden Diethelm Konzern das Reisegeschäft nach Burma dirigierte.
Ums ganz grosse Geschäft sofort kann’s dabei nicht eigentlich gehen, stellt der vielgereiste fairunterwegs-Koffer fest. Denn vor fünf Jahren, als der Schweizer Gewerkschaftsbund angesichts der flagranten Menschenrechtsverletzungen die Burma-Anbieter zum Rückzug aus Burma aufforderte, waren rund 20 Anbieter auf dem Markt, die rund 3’500 Reisende aus der Schweiz nach Burma beförderten. Im laufenden Jahr sollen gemäss Schätzungen der Pacific Travel Association (PATA) 4’800 SchweizerInnen nach Burma gereist sein, um deren Gunst mittlerweile rund 30 Veranstalter rangeln. Geht es also, fragt sich der fairunterwegs-Koffer,  mehr darum, einen Fuss im vielversprechenden Geschäft zu haben – ob mit oder ohne Militärdiktatur und Menschenrechtsverletzungen.
Besonders ins Auge gestochen ist dem fairunterwegs-Koffer der Auftritt von Cotravel als Veranstalter einer Leserreise des Wirtschaftsjournals CASH vom kommenden Frühjahr 2007 mit dem DRS- und Ringier-Korrespondenten Peter Achten. Ein guter alter Bekannter, der sich als Reiseleiter mit der Glaubwürdigkeit des Korrespondenten einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt im Rücken schon bei Background Tours als einmaliges Zugpferd für Burma-Reisen bewiesen hat. In seinem Einladungsbrief an CASH-Leser bezeichnet er Burma als „Traumland“, das mehrseitige Reiseprogramm geizt nicht mit weiteren Superlativen. Damit ist er allerdings nicht allein.

Wenig Grundlagen für den informierten Entscheid

„Goldene Pagoden“, „versunkene Städte“, „ursprünglich“, „mystisch“, „atemberaubend“ – die Reiseausschreibungen überborden geradezu vor reizvollen Attributen. „Myanmar zählt zu den unberührtesten und geheimnisvollsten Zielen dieser Welt“ – wirbt Background Tours für die Kreuzfahrt mit dem luxuriösen „Flusstraumschiff“, das zum nicht unumstrittenen Hotel-Multi Orient Express gehört. Einigermassen bestürzt stellt der fairunterwegs-Koffer fest, dass Background Tours, der mit seinen prominenten Reiseleitern doch politische Ansprüche weckt, genau so wie die meisten anderen Veranstalter in seinen Ausschreibungen kein Wort zur politischen Situation in Burma verliert. Da hebt sich TUI Suisse ab, die immerhin in einem Kasten auf die problematische Menschenrechtslage im Lande hinweist, die einen bewussten Entscheid von Reisenden erfordere. In keiner Ausschreibung jedoch – der fairunterwegs-Koffer entschuldigt sich, falls er was übersehen hätte – wird erwähnt, dass die legitime demokratische Opposition und ihre Leaderin, Aung San Suu Kyi, TouristInnen explizit auffordern, aus politischen Gründen jetzt auf eine Reise nach Burma zu verzichten. Das aber wäre, meint der fairunterwegs-Koffer, doch die Schlüsselinformation, um einen verantwortlichen Entscheid für oder gegen eine Reise nach Burma zu fällen. A propos informierter Entscheidungsgrundlage für die Reisenden, schiesst gemäss dem „fairunterwegs“-Koffer sowieso Peter Achten den Vogel ab: In seinem Einladungsbrief an die CASH-Lesereise-Gäste informiert er zwar, dass Myanmar wegen der Militärregierung umstritten sei und von Europa und Amerika wirtschaftlich boykottiert werde. Die Frage, ob ein solcher Boykott sinnvoll sei oder das Volk noch mehr von der Aussenwelt abschirme, werde – so kündigt er den Gästen an – während der Reise diskutiert. Da kann der fairunterwegs-Koffer nur noch lakonisch kommentieren, dass es den Reiseentscheid sicher ungemein vereinfache, wenn man sich nicht vor der Reise, sondern erst an Ort damit auseinandersetze, wie sinnvoll die Reise in ein solches Land überhaupt sei…
Liste der Anbieter von Burma-Reisen in der Schweiz: Argo Travel, L› Atelier du Voyage, Australasia, Bischofberger Info Reisen, Club Méditerrannée, Cotravel, Exotours, Equinoxe, Explorator, Explorer, Fantasia by Stohler, Flex Travel, Globotrek/The Background Tours, Harry Kolb, Horizons Nouveaux, Hotelplan, Indo Orient, Intertravel, Jerrycan, Kuoni, Lotus Reisen, Nomade Experience, Nouvelles Frontières, Reisen & Kultur/Voyage & Culture, Royal Orchid Holidays, Thurgau Travel, Tourasia, Tourisme pour tous, TUI, Wettstein, Xenotours.
Quellen: www.pata.com; Swiss Travel Handbook 27.11.2006, www.swisstravelhandbook.com; Travel Inside 6.10.2006, 1.9.2006; http://cash.ch/templates/shop/burmareise; div. aktuelle Kataloge u.a. TUI Suisse, The Background Tours