Basel, 15.01.2008, akte/ Manchmal wird es dem fairunterwegs-Koffer ob all der schlimmen Meldungen über Menschenrechtsverletzungen, Verschandelungen und dergleichen mehr im Reisebusiness schwer ums Kofferherz. Dagegen kennt er aber ein probates Mittel: Nachhaltigkeitsberichte lesen! Zum Beispiel die neuen Berichte von Kuoni und TUI. Es ist eine Freude, zu erfahren, wie sich Kuoni den Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern, die gerechte Anstellungsbedingungen, den gerechte Umgang mit der Ressource Wasser und die Verminderung der Auswirkungen auf die Klimaerwärmung auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei wird auf technische Erneuerung, auf Information und Weiterbildungsmassnahmen sowie auf Anreizsysteme wie dem konzerneigenen Label „Green Planet Award“ für weniger Umwelt schädigende Kreuzfahrtschiffe und Hotels gesetzt. Der Nachhaltigkeitsbericht ist anschaulich und lesefreundlich gestaltet, enthält dafür aber kaum Kennzahlen, welche eine Überprüfung oder Einordnung der Angaben ermöglichen.
TUI tut sehr viel, um den CO2-Ausstoss in den Griff zu kriegen, die Ressourcen zu schonen, die Biodiversität zu schützen und mit verschiedenen Stakeholdern im Austausch zu bleiben. Und der Konzern bemüht sich nach Möglichkeiten um Transparenz der Berichterstattung, indem er einiges an Zahlen und Kriterien offen legt. TUI hat den Ehrgeiz, weiter zu wachsen, ohne entsprechend mehr zu schaden. Trotz allem Respekt vor den grossen diesbezüglichen Bemühungen auf allen Ebenen des Konzerns fürchtet der fairunterwegs-Koffer, das angestrebte Wachstum werde die Nachhaltigkeitsbemühungen wieder zunichte machen. Zugegeben, er hat nicht alles verstanden: Wenn zum Beispiel anhand der Zahlen ersichtlich wird, das TUI bei mächtig gewachsenem CO2-Ausstoss ein negatives Konzernergebnis aufweist, so ist das, wie er später erfährt, nicht als gigantischer Misserfolg der Nachhaltigkeitsbemühungen zu werten, sondern hat mit Restrukturierungen und Akquisitionen zu tun. Was heisst, dass der fairunterwegs-Koffer letztlich trotz aller Transparenzbemühungen nicht überprüfen kann, ob TUI im Gesamten nachhaltiger geworden ist oder nicht. Dasselbe gilt auch für den gestiegenen Wasserverbrauch pro Übernachtung in den Hotels.

Konkurrenz der Grossen um den besten Nachhaltigkeitsbericht

Sowohl TUI wie Kuoni bauen ihre Nachhaltigkeitsberichte nach den Vorgaben der Global Reporting Initiative (GRI) auf. Diese internationale Plattform für den fachlichen Austausch hat zum Ziel, Standards in der Nachhaltigkeitsberichterstattung einzuführen, um deren Transparenz und Vergleichbarkeit zu verbessern. Beim Einhalten der GRI-Vorgaben schielen die Veranstalter nicht zuletzt auch auf die Rating-Agenturen, auf deren Bewertungen sich verschiedene Fonds für ethisches Investment bei ihren Anlageentscheiden abstützen. Diese Konkurrenz spornt die Veranstalter zu wahren Höchstleistungen in der Berichterstattung an. Da wimmelt es von Standards wie EMAS oder ISO 14001 oder Auszeichnungen externer Prüfungsgesellschaften.

Erste Nachhaltigkeitsberichte der Kleinen: Innovativ und aussagekräftig

Auch etliche kleinere Veranstalter leisten einiges punkto Sozial- und Umweltverträglichkeit. Zur Erarbeitung solch komplexer Daten, wie sie zur Einhaltung der GRI-Vorgaben notwendig sind, fehlen ihnen aber die Ressourcen. Fachkundig begleitet von der Kontaktstelle für Umwelt und Bildung in Stuttgart (KATE) und vom forum anders reisen e.V., dem Dachverband von über 140 kleinen und mittleren Reiseveranstaltern, haben jetzt fünf kleinere und mittelgrosse deutsche Reiseveranstalter ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht erstellt. In Anlehnung zwar an die GRI-Vorgaben und die Bedingungen von forum anders reisen, aber unter etwas erleichterten Bedingungen. Dafür findet der fairunterwegs-Koffer absolute Highlights in diesen Berichten: So etwa einen Kuchen, der den prozentualen Anteil der Wertschöpfung im Reiseland, bei der Fluggesellschaft und beim Veranstalter ausweist. Oder eine Stakeholder-Landkarte, anhand der man klar erkennt, wer zu den direkt angestellten Mitarbeitern gehört, und wo zum Beispiel das Reinigungspersonal im Reiseland zu verorten ist – eine Information, welche der fairunterwegs-Koffer in den Berichten der Grossen vergeblich sucht.

Neuer Leitfaden: Mit Tools und Tipps wird der Nachhaltigkeitsbericht top

Von der Arbeit der Pilotunternehmen werden künftig alle kleineren und mittleren Veranstalter profitieren können: Ausgehend von den Erfahrungsberichten der Pilotunternehmen haben KATE, forum anders reisen, Arbeitsstelle Tourism Watch des Evangelischen Entwicklungsdienstes in Bonn sowie die UNI Europa den „Leitfaden CSR-Reporting im Tourismus. 8 Schritte zum Nachhaltigkeitsbericht“ verfasst. Er erklärt nicht nur, was unbedingt in einen Nachhaltigkeitsbericht hineingehört, sondern liefert auch Tools und Tipps, wie die nötigen Grundlagen für den Bericht erarbeitet werden. So schaffen es auch kleinste Veranstalter wie „France écotours“, einen aussagekräftigen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen.
Nachhaltigkeitsberichte gehören von nun an einfach zum Business aller Reiseveranstalter, ebenso wie das entsprechende CSR-Managementkonzept. Was optimalerweise darin enthalten sein sollte, hat der arbeitskreis tourismus & entwicklung zusammengestellt. Was heute schon gemessen werden kann, ist dem neuen Leitfaden zu entnehmen. Jetzt ist der fairunterwegs-Koffer schon ganz gespannt auf die aufschlussreichen Nachhaltigkeitsberichte der nächsten Jahre – von den grossen ebenso wie von den mittleren und kleinen Veranstaltern.
Quellen: Factsheet CSR des arbeitskreises tourismus & entwicklung, 2007„Leitfaden CSR-Reporting im Tourismus. 8 Schritte zum Nachhaltigkeitsbericht“ von Kate, EED Tourism-Watch, forumandersreisen , UNI Europa; Nachhaltig wirtschaften im TUI-Konzern. Nachhaltigkeitsberichterstattung 2006/2007, 30.6.2007; Kuoni Corporate Responsibility Report 2007, 02.11.2007, www.kuoni.ch; travel-to-nature. Nachhaltigkeit messen und glaubwürdig handeln. Nachhaltigkeitsbericht 2006; Nachhaltigkeitsbericht France Ecotours. „Nachhaltig messen und umweltbewusst handeln“, 2006/2007