
Der fairunterwegs-Koffer ist verhalten optimistisch, aber auch etwas besorgt
Basel, 19.02.2009, akte/ Ende letztes Jahr feierte der Verhaltenskodex der Tourismusbranche zum Schutz der Kinder vor sexuelle Ausbeutung im Tourismus, Tourism Child-Protection Code genannt, sein zehnjähriges Jubiläum. Dieses Jahr erwartet die Organisation „Child-Protection Code Organization“ die tausendste Unterzeichung ihres Verhaltenskodexes durch ein touristisches Unternehmen – eine gewaltige Zahl in dieser kurzen Zeit, die den fairunterwegs-Koffer ganz freudig stimmt.
Rund um den Code war es bei Hotelplan in letzter Zeit sehr ruhig
Zeit, wieder einmal einen Blick auf die Umsetzung des Codes in der Schweiz zu werfen: Letztes Jahr hatte der fairunterwegs-Koffer an dieser Stelle Hotelplan ein Kränzchen gewunden. Kaspar Hess, Christian Brogli und Nicole Stejskal hatten Hotelplan zum Pionier in der Umsetzung des Code gemacht und die Zusammenarbeit der Branche mit ECPAT Schweiz initiiert. Sie waren die ersten, die ihre Leute in den Destinationen zum Code schulten. Letztes Jahr zog Kuoni nach und organisierte die Schulung in der Dominikanischen Republik, zu der auch die Hotelplan-Leute eingeladen war, danach gab es von Seiten von Hotelplan eine Gegeneinladung zu ihrer Schulung in Kenia. Doch seit einiger Zeit ist es in Sachen Code bei der heutigen M-Travel Switzerland verdächtig ruhig geworden. Das Dossier Umwelt- und Sozialverantwortung und damit der Code liegt seit November letztes Jahr bei der stellvertretenden Leiterin für Unternehmenskommunikation, Elina Fleischmann. Sie hat bei Kuoni nachgefragt, ob sich M-Travel Switzerland an die Destinationsschulungen von Kuoni in Indien diesen Mai anschliessen könne – eine eigene Schulung ist nicht geplant. Der fairunterwegs-Koffer hat besorgt nachgefragt, ob denn der Code vom M-Travel Switzerland nicht mehr so wichtig genommen werde. Und was denn die Reduktion der Ressourcen für die Sozial- und Umweltverantwortung bei M-Travel Switzerland wohl für den Code bedeute. Er wurde von Elina Fleischmann beruhigt: Die Umsetzung des Codes sei für M-Travel Switzerland weiterhin wichtig, sie stehe in Kontakt mit Karolina Frischkopf für die Reiseleiter- und Neuangestelltenschulung. Bevor sie für M-Travel Switzerland selbst eine Destinationsschulung organisiere, wolle sie aber eine solche miterleben, denn das Fachgebiet CSR sei ihr noch nicht ganz so vertraut. Deshalb die Anfrage bei Kuoni. Der fairunterwegs-Koffer ist erleichtert. Zusammenarbeit ist wichtig, denn CSR ist kein Konkurrenzthema. Eigentlich, findet der fairunterwegs-Koffer, wäre die Zusammenarbeit gerade bei den Destinationsschulungen nicht nur auf nationaler, sondern auf internationaler Ebene sinnvoll. Dafür braucht es aber weiterhin das eigene Engagement des Pioniers Hotelplan/M-Travel Switzerland, denn die Umsetzung des Codes ist bei den Reiseveranstaltern der Schweiz noch längst kein Selbstläufer.
Aber das könnte sich ja ändern: Anlässlich der Branchenfachmesse TTW letzten Oktober unterzeichnete der Schweizerische Reisebüroverband SRV den Code. André Lüthi, Leiter des Kompetenzzentrums Aus- und Weiterbildung des SRV, erklärte, der SRV wolle nicht anstelle seiner Mitglieder unterzeichenen, sondern die Hürden niedriger machen, damit die Mitglieder einfacher den Code unterzeichnen können. Ein erster Schritt in diese Richtung steht kurz vor der Vollendung: Ein neutraler Infoflyer für die Reisekundschaft wird in den nächsten Wochen gedruckt. Auf diesem ist auch die Meldestelle des Bundesamtes für das Polizeiwesen (fedpol) vermerkt, über die Reisende Verdachtsmomente zu Kindersextourismus melden können. Die SRV-Mitglieder können den Flyer gratis beziehen, ihr Logo draufsetzen und ihrer Kundschaft abgeben. Mit der Information der Reisekundschaft erfüllen die Reisebüros bereits einen wichtigen Teil des Codes. Ein guter Anfang, findet der fairunterwegs-Koffer, und ist gespannt auf mehr.
Gemeinsame Destinationsschulungen?
Noch im Februar werden an einer Sitzung des SRV weitere Massnahmen beschlossen. Bis dahin wird die TUI Suisse wie gehabt ihre Flyer abgeben und ihre Reiseleiter schulen, gibt Roland Schmid, Head of Corporate Communications von TUI Suisse, dem fairunterwegs-Koffer Auskunft. Eine Massnahme des SRV könnten gemeinsame Schulungen sein. In der Schweiz dürfte das kein Problem sein, hat der fairunterwegs-Koffer bei Matthias Leisinger, CSR-Beauftragter bei Kuoni, in Erfahrung gebracht: Die für Events und Umwelt und Soziales bei der Geschäftsstelle des SRV zuständige Sandra Gonzales müsste lediglich einen Raum und die Schulungsperson von ECPAT Switzerland organisieren. Material ist von der ECPAT da, nützlich sei auch das Informationsblatt auf fairunterwegs.org (FAQs) über das Thema. Schwieriger seien die Schulungen in den Destinationen. Die Zusammenarbeit mit den lokalen Kinderschutzstellen, den lokalen Agenten, den Hotels usw. sei aufwändig. Hier würde es wohl mehr Sinn machen, wenn grössere Veranstalter im Turnus eine Schulung für alle organisieren, die auch von allen bezahlt wird.
Neuer Versuch mit Topdown-Ansatz
Inzwischen ist Kuoni zum Zugpferd der Destinationsschulung geworden. Die letzte Schulung in Thailand habe nicht dazu geführt, dass signifikant mehr Hotels oder Tourismusunternehmen in Thailand den Code unterzeichnet hätten, sagt Leisinger. Denn teilgenommen hätten vor allem Leute, die nicht viel zu sagen haben. Jetzt wird Kuoni mit Business-Meetings in Bangkok versuchen, die Topleute zu gewinnen. Gleich vier Meetings sind im Mai geplant. Leisinger erklärt dazu: „In Thailand wird am Hauptsitz entschieden, was läuft. Deshalb versuchen wir erst die Besitzer zu gewinnen, die Präsidenten und Vizepräsidenten. Wenn die den Code wollen, dann wird er auch umgesetzt.“ Der fairunterwegs-Koffer ist gespannt auf den Erfolg dieser viel versprechenden Herangehensweise.
Der Code ist zuerst einmal einfach ein Papier. Um ihn zu einem wirkungsvollen Instrument für die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen in den Destinationen werden zu lassen, braucht es Erfahrung, Innovation und Zusammenarbeit. Deshalb wartet der fairunterwegs-Koffer gespannt auf die Resultate der ersten Besprechungen im SRV und hofft auf viel Engagement und Zusammenarbeit unter seinen Mitgliedern – gerade auch bei den Destinationsschulungen.