Basel, 25.10.07, akte/ Äusserst bemerkenswert, meint der fairunterwegs-Koffer nach einem Tauchgang ins Archiv des arbeitskreises tourismus & entwicklung: Seit seiner Gründung wirken im arbeitskreis tourismus & entwicklung Reiseunternehmen mit, ja, gehören sogar zu den initiativen Kräften. Bereits in der 1977 vereinbarten, einfachen Gesellschaft sitzen Sunshine Travel, Audiatur, Raptim und der Schweizerische Studentenreisedienst (SSR) einvernehmlich mit dreizehn Hilfswerken und entwicklungspolitischen Organisationen zusammen, um „den Alternativtourismus zu stärken, Elemente davon im Massentourismus zur Geltung zu bringen und eine entsprechende Bewusstseinsarbeit in der Bevölkerung zu leisten.“ Der Schritt zur breiteren Akzeptanz war allerdings seit den Anfängen beiderseits – gelinde gesagt – von Skepsis geprägt: So brütete man bei der Konstituierung des Vereins 1979 länger über den Status der privaten Reiseunternehmen. Vermieden werden sollte die „Überhandnahme“ des Vereins durch Reisebüros; gleichzeitig aber sollten diese nicht durch die Tätigkeiten des Vereins von den entwicklungspolitischen Folgen ihres Tuns „angenehm entlastet“ werden. Auch bedurfte es längeren gegenseitigen Beschnupperns, bevor der Schweizerische Reisebüro-Verband die Mitgliedschaft beantragte und aufgenommen wurde. Der Vorstand des Reisebüro-Verbandes vertrat gemäss einem Vereinsprotokoll vom Juli 1978 die Meinung, dass der arbeitskreis tourismus & entwicklung ein „idealistisches Gebilde sei, dem man mit Wohlwollen begegnen müsse, da die Praxis sicherlich ernüchternd sein werde.“ Man einigte sich auf einen „nicht allzu tourismusfeindlichen Prospekt“, der vom Verband mitfinanziert und vertrieben wurde – der Grundstein für eine lange, durchaus gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit. Radikaler war damals die Ablehnung von Kuoni, nach dessen Einschätzung – wieder gemäss Vereinsprotokoll – „dieser Arbeitskreis ein gefährlich Unding sei, dessen Aktivitäten wachsamer Verfolgung bedürften.“
Zu diesem doch ungewöhnlichen „Pas-de-deux“ einer entwicklungspolitischen Organisation mit der Privatwirtschaft wollte der fairunterwegs-Koffer unbedingt mehr erfahren und recherchierte weiter. Die Einschätzung eines ausgewiesenen Branchenkenners möchte er dem fairunterwegs-Publikum nicht vorenthalten: Hansjörg Ruf wirkt seit vielen Jahren im Vorstand des arbeitskreises tourismus & entwicklung mit, amtete als erster Umweltbeauftragter der Schweiz im SSR und ist heute Leiter der Fachstelle Nachhaltigkeit der Basler Kantonalbank/Bank Coop.
Gelungen sei dem arbeitskreis, so Ruf, die Unabhängigkeit zu bewahren. „Das ist ja nicht wenig“, unterstreicht er. Die Kehrseite der Medaille davon sei aber, dass der arbeitskreis auf den „mainstream“-Tourismus nur beschränkt Einfluss habe nehmen können und nehme. Doch dürfe auch dieser nicht unterschätzt werden. „Die Zusammenarbeit war für uns im SSR – wie für andere engagierte Reiseveranstalter – sehr wichtig, um über die entwicklungspolitischen Debatten zum Tourismus auf dem Laufenden zu bleiben und die Reisenden mit den relevanten Informationen über ihre Gastländer auszustatten. Andererseits galt es hin und wieder auch, die Vereinsmitglieder auf den Boden der Reiserealitäten zu bringen. Doch wie viele Artikel der Reisedossiers, die der SSR jahrelang seiner Kundschaft aushändigte, stammten aus der arbeitskreis-Dokumentation? Wäre die Ausbildung, die den unzähligen nebenberuflichen ReiseleiterInnen die Sinne für die problematischen Seiten des Reisens geschärft hat, ohne die aktive Mitarbeit des arbeitskreises möglich gewesen? Und wer weiss, ob die viel beachteten Bemühungen um einen umwelt- und sozialverträglichen Tourismus des SSR ohne den arbeitskreis tourismus & entwicklung jemals zu Stande gekommen wären?“
Den „Umweltpionier“ SSR gibt es nicht mehr. „Wir waren vielleicht einfach in vielem der Zeit voraus, wie viele Forderungen des arbeitskreises übrigens auch“ – so die Bilanz von Hansjörg Ruf. Heute sei das Engagement für eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus zur Notwendigkeit für jeden Veranstalter geworden, auch ökonomisch, hält er unmissverständlich fest: „Auch wenn die Reisebranche den arbeitskreis tourismus & entwicklung – wie schon zu Gründungszeiten – vielfach als Stachel im Fleisch empfindet, greifen die Umweltbeauftragten der Veranstalter immer wieder gerne auf die Informationen und Grundlagen der rührigen Organisation zurück.“
Deshalb ärgert sich Hansjörg Ruf, vor allem auch als Vorstandsmitglied, je länger desto mehr darüber, dass der arbeitskreis trotz des anerkannten, langjährigen Leistungsausweises nach wie vor um seine Finanzierung kämpfen muss. „Am unternehmerischen Geschick fehlt es ja wirklich nicht, sonst gäbe es den arbeitskreis schon längst nicht mehr. Aber an der Einsicht der Reisebranche und der Politik, dass diese Grundlagen- und Sensibilisierungsarbeit im gemeinsamen Effort getragen werden müssen – wie schon damals, als der Verein gegründet wurde.  Unliebsames, so meint er schliesslich, werde der arbeitskreis tourismus & entwicklung zum Reisen immer wieder auftischen müssen, und das lasse sich eben schlecht verkaufen. „Aber letztlich profitiert die Reisebranche enorm davon.“
P.S. Der fairunterwegs-Koffer freut sich deshalb auf schöne dicke Geburtstagsgeschenke aus der Branche!