Der fairunterwegs-Koffer wünscht sich, …
Basel, 16.05.2013, akte/ Ein stetig wachsender Anteil von Reisenden wünscht sich sozial- und umweltverträglichere Reiseangebote. Und eine zunehmende Zahl von Reiseveranstaltern bemüht sich, im eigenen Betrieb und bei den Zulieferern für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Doch noch scheinen das zwei von einander unabhängige Entwicklungen zu sein. Auf den Ferienmessen sucht man vergeblich nach Hinweisen zum Nachhaltigkeitsengagement der Reiseveranstalter. In den Katalogen und auf den Websites der Reiseveranstalter muss der fairunterwegs-Koffer lange nach Informationen zur Umwelt- und Sozialverantwortung der Reiseveranstalter und noch länger nach dem ihrer Produkte stöbern. Dabei ist doch die stete Sensibilisierung der Kundschaft für die Nachhaltigkeit von Reisen und für Massnahmen, die der Reiseveranstalter und seine Partner dazu umsetzen, ein wichtiger Bereich der Unternehmensverantwortung – und nicht einfach ein Thema, das sich an den arbeitskreis tourismus & entwicklung und sein fairunterwegs-Reiseportal delegieren lässt.
Die bisher übergrosse Zurückhaltung hängt vermutlich auch damit zusammen, dass erst die richtige Sprache gefunden werden muss: Wollen Reisende technische Angaben zur Wasserersparnis pro Gast und Tag oder zum Anteil der Wertschöpfung, der im Land bleibt? Wollen sie eine Grafik, die ihnen auf kleinem Raum Infos zum CO2-Ausstoss des Hotels oder der ganzen Reise bietet? Oder möchten Sie lieber über die Gefühle angesprochen werden. Etwa über eine Geschichte, wie der Fischer am frühen Morgen den Fisch fängt, den der Gast am Abend serviert bekommt?
Eine positive Sprache ist gut, Weltuntergangsprophezeiungen sind ein No-Go
Die Hochschule Luzern hat am World Tourism Forum 2013 eine Studie* präsentiert, die sich genau dieser Frage widmet. Wehrli und seine KollegInnen gehen von der Erkenntnis aus, dass Menschen in gewissen Momenten kritisch und analytisch denken und in anderen aus dem Bauchgefühl heraus entscheiden. Bisherige Leitlinien zur Nachhaltigkeitskommunikation von Reiseangeboten empfehlen: Wer nachhaltige Ferien verkaufen will, soll dem Zielpublikum die Destination in unverfälschter Weise nahebringen, Respekt für die Kultur und das Erbe der lokalen Gesellschaft zeigen, die Sinne ganz auf Geschmack und Gefühl des Ortes ausrichten. Dabei soll auch über die positiven Auswirkungen der Ferien auf die Destination berichtet werden. Originalität und eine positive Sprache sind gut, Weltuntergangsprophezeiungen ein No-Go. Die KundInnen sollen über Ohr, Auge und Text angesprochen werden, damit jeder Typ Mensch angesprochen wird.
In einem Experiment gestalteten die AutorInnen der Studie deshalb zwei Ausschreibungen für eine All-Inclusive-Woche im fiktiven Hotel "Playa del Sol". Das Angebot sollte die breite Masse der Reisenden ansprechen. Für die Versuchspersonen in den Vereinigten Staaten wurde das Hotel in Mexiko angesiedelt, für die europäischen Versuchspersonen in Menorca. Die eine Ausschreibung beschrieb die Nachhaltigkeit auf rationale Weise, die andere emotional.
Die Ergebnisse sind eindeutig: Im Moment, da die KundInnen Angebote auswählen, sind sie eher Bauch- denn Kopfmenschen. Sie möchten schöne Bilder von intakten Landschaften mit blauem Himmel und warmen Farbtönen. Die Texte sollen sie direkt ansprechen. Ein Satz wie: "Wir servieren Ihnen ausschliesslich regionale Produkte von höchster Qualität" kommt besser an als: "Es werden regionale Produkte serviert." Weitere Informationen zur Nachhaltigkeit können in Form von Bildsymbolen erscheinen, mit kurzen Legenden im Stil von: "Bei uns arbeiten ausschliesslich einheimische Mitarbeitende. Wir zahlen faire Löhne und bieten angenehme Arbeitsbedingungen." Grafiken hingegen wirken abschreckend.
Allerdings muss die Kommunikation immer wieder neu dem Zielpublikum angepasst werden: KundInnen, die schon einmal ein nachhaltiges Produkt gebucht haben, wollen mehr wissen als Erstbucher. Das US-Publikum reagiert auf Aufforderungen – etwa Souvenirs von den lokalen Händlerinnen zu kaufen – positiver als das Deutsche.
Alles in allem zeigt die Studie: Nachhaltige Produkte zu verkaufen ist möglich und eine Frage des Know-hows. Höchste Zeit also für Reiseveranstalter, sich dieses zuzulegen, findet der fairunterwegs-Koffer. Höchste Zeit, mit dem eigenen Nachhaltigkeits-Engagement zu punkten und noch mehr Reisende für den "Tourismus mit Zukunft"* zu begeistern.