"Im Kampf gegen die grossen internationalen Unternehmen, die unser Land ausbeuten wollen und unsere Rechte missachten, ist es wichtig, dass wir internationale Unterstützung bekommen", sagt Suleyma Evelí Revolorio de Jiménez. Sie ist 22 Jahre alt, und im HEKS-Projekt "Nuestras Raíces" verantwortlich für die Begleitung und Information der GemeindeleiterInnen, also der angesehenen Persönlichkeiten in den indigenen Dorfgemeinschaften. Diese sind mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert: So besteht die Gefahr, dass in Jalapa Bergbauunternehmen Lizenzen zur Ausbeutung von Gold und Silber bekommen könnten. Die damit verbundenen Risiken sind gross; die Zerstörung von Land und die Verschmutzung des Wassers würden die Bevölkerung in noch grössere Armut und Not treiben. Die guatemaltekische Regierung fördert den Rohstoffabbau durch multinationale Konzerne ohne Rücksicht auf die negativen Folgen für Mensch und Natur. Menschenrechtsverteidigerinnen, Gewerkschafter sowie Kleinbäuerinnen, die sich für ihr Land und ihre Rechte einsetzen, werden aufgrund ihres Engagements bedroht, attackiert oder gar umgebracht. Übergriffe, Drohungen, Einschüchterungen und Morde sind Methoden, die angewendet werden.
Am 17. März 2013 gab es einen Anschlag auf vier Mitglieder der lokalen indigenen Regierung von Santa Maria Xalapán. Dabei wurde eines der Mitglieder, Exaltación Marcos, ermordet. Darauf haben rund 200 SchweizerInnen ein von HEKS aufgesetztes Solidaritätsschreiben unterzeichnet, das der indigenen Xinca-Regierung und der Diözese Jalapa geschickt wurde. Eineinhalb Monate später, Anfang Mai, verhängte Präsident Otto Pérez Molina den Ausnahmezustand über das Gebiet. Der öffentliche Raum wurde durch das Militär besetzt, was unter den Menschen Angst und Schrecken verbreitete. Dadurch wurden fundamentale Grundrechte der Bevölkerung ausser Kraft gesetzt. Inzwischen wurde der Ausnahmezustand auf Anweisung des Parlaments wieder aufgehoben.

Bevorstehende Volksbefragung

Die guatemaltekische Regierung hat die Verpflichtung, bei geplanten Grossprojekten auf dem Territorium der indigenen Bevölkerung die consulta (Volksbefragung) durchzuführen, da sie die betreffenden internationalen Verträge unterschrieben hat. Die Morde sowie der Ausnahmezustand sind Mittel, um die Bevölkerung vor der bevorstehenden Befragung unter Druck zu setzen, da anzunehmen ist, dass sie ganz entschieden gegen die Ausbeutung der Bodenschätze stimmen wird. Bis Anfang Juli konnte die consulta wegen der Repressionen nicht durchgeführt werden.

Stärkung kultureller Identität

Die ständige Angst vor Gewalt setzt die Bevölkerung und auch die Projektmitarbeitenden enorm unter Druck. "Die Arbeit von HEKS ist für uns fundamental wichtig", sagt Suleyma Evelí Revolorio de Jiménez, die mutige junge Mitarbeiterin. "Die Menschen brauchen die Unterstützung und die Begleitung in ihrem gewaltlosen Kampf für ihr Land, ihre Kultur und ihre Existenzrechte." Darum sei internationale Präsenz in Guatemala so wichtig: "Bei Menschenrechtsverletzungen haben wir Gewissheit, dass die internationale Öffentlichkeit über die Ereignisse informiert wird", erklärt sie. Deshalb wird auch der im Juni 2013 gefällte Entscheid der Schweiz, die Botschaft in Guatemala weiterzuführen, von HEKS und anderen Organisationen als wichtig erachtet.

Ökologische Landwirtschaft und bessere Gesundheitsversorgung

Die politische Arbeit ist eine wichtige Komponente des HEKS-Projekts. Eine weitere ist die Ernährungssicherung. Die ländlichen Gemeinden im Südosten von Guatemala wurden seit jeher vernachlässigt. So auch das Departement Jalapa. Die Familien, die dort leben, sind Bauern und bewirtschaften Kleinstparzellen. Die Ernten reichen in den meisten Fällen bei weitem nicht zur Selbstversorgung. Armut und Not prägen den Alltag der meisten Familien. Das Projektgebiet von Santa Maria Xalapán umfasst eine Region mit 43 Dorfgemeinschaften und hat zum Ziel, die Ernährungssicherheit von 400 Familien zu verbessern, die Gesundheitsversorgung sicherzustellen und einen Beitrag zur Stärkung der kulturellen Identität zu leisten.
Im Auftrag jeder Dorfgemeinschaft beteiligen sich je zwei Personen an Aus- und Weiterbildungsaktivitäten zur Verbesserung der Anbaumethoden. Sie werden zu sogenannten Dorfleitenden ausgebildet. Das Gelernte wenden sie auf ihren Parzellen an und geben ihr Wissen an Nachbarn weiter. Sie lernen, ihre Grundnahrungsmittel ohne den Einsatz von chemischen Düngern und Pestiziden anzubauen. Die ökologische Landwirtschaft ist eine realistische Chance, aus der Abhängigkeit und dem Kreislauf der Verarmung auszubrechen. Ein weiteres Ziel des Projektes ist die Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Nebst dem Anbau von Grundnahrungsmitteln wird auch der Anbau von Medizinalpflanzen gefördert. In acht Dorfgemeinschaften werden die von der Bevölkerung bestimmten Personen zu GesundheitsanimatorInnen aus- und weitergebildet. Im Vordergrund steht die Prävention von Krankheiten.