Das Geschäft lief. Moser war zufrieden. Die Leute schienen sich nichts aus den unsicheren Zeiten zu machen oder sie kauften gerade deshalb. Weil Weihnachten war. Weil Weihnachten ohne Tannenbaum ein trauriges Fest ist, und weil im Kerzenschein alles in einem milderen Licht erscheint, wenn die Zweige in der Hitze knacken und es nach frischen Nadeln riecht.

Ihm sollte es recht sein. Baum um Baum wurde gemustert, an Kinderkörpern gemessen, bestaunt, belacht und bekrittelt, und dann doch gekauft, von Familien, denen vor Vorfreude schwindelte, oder von Einzelgängern, die durch ihre Einsamkeiten taumelten. Jeder trieb auf seine Weise dem rauschenden Fest entgegen, das nicht für alle ein Wohlgefallen, aber selbst für die Verzweifelten ein Abglanz der Freude ist.

Er verstand sie. Das gehörte zum Geschäft. Aber was all diese Menschen so trunken machte, war ihm fremd, berührte ihn wie eine Peinlichkeit. Die Menschen kamen ihm sonderbar nackt vor. Dieser Glanz in den Augen! Jeder schien seine Lebensgeschichte vor sich her zu tragen. Er sah dann weg, auf die Kasse, zählte das Wechselgeld, drückte den Käufern barsch den verschnürten Baum in die Arme.

Er war immer erleichtert, wenn der gröbste Ansturm vorbei war, wenn sich sein Warenbestand lichtete, die Bäume immer vereinzelter standen. Dann taten sich die Kunden schwer, konnten sich kaum entscheiden. Jeder dachte wohl, zu spät gekommen zu sein, nur noch die schlechten Bäume abzukriegen. Er kannte das. Schliesslich kauften sie doch. Alle. Er brauchte nur abzuwarten. Keiner wollte ohne Baum davonziehen. Selbst die Windschiefen und Struppigen fanden ihre Abnehmer. Dann waren die Leute auch erträglicher, denn die Unsicherheit zerriss für Augenblicke ihre Sentimentalität. Für kostbare Augenblicke, dachte er, erholsame Momente.

Heute war es wieder soweit. Nur noch wenige Bäume waren übrig. Er genoss das, wie jedes Jahr. Jetzt blieb ihm Zeit, die Menschen zu beobachten, die Lichter, von denen immer mehr aufleuchteten und die den Platz, die Häuser, die Nacht in einen grossen, mit Leuchtkugeln übersäten Weihnachtsbaum verwandelten. Das gefiel ihm. Das war wie das Anstossen auf ein gelungenes Geschäft.

Nur etwas störte das gewohnte Bild. Moser wusste erst nicht, was es war. Dann sah er den Mann wieder. Er stand an derselben Stelle, an der er ihn seit Anbruch der Dämmerung schon mehr als einmal bemerkt hatte. Zwei oder drei Mal musste das gewesen sein. Er hatte ihn da stehen sehen, dann war er wieder weg gewesen. Doch er hatte ihn nie kommen oder gehen sehen. Nun ja, er hatte auch nicht dauernd hinschauen können, dazu war zu viel los gewesen. Und ausserdem, warum hätte er das auch tun sollen? Schliesslich war das nur irgendein Mann. Nicht einmal ein Kunde. Jedenfalls machte er keinerlei Anstalten, den Platz zu überqueren, um noch einen der letzten Bäume zu ergattern. Auch jetzt nicht. Er rührte sich nicht. Die Leute gingen dicht an ihm vorbei, aber niemand beachtete ihn. Moser hatte das sonderbare Gefühl, dass sie den Mann gar nicht wahrnahmen. Aber das konnte er sich nicht erklären. Er verstand nicht, warum er auf diesen Gedanken kam.

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass ihn der Mann ansah. Moser schaute unwillkürlich in eine andere Richtung und war froh, als ihn ein Kunde ansprach, zaudernd, unentschlossen. Moser musste erklären, loben, anpreisen, dann klingelte das Geld in der Kasse, und wieder hatte ein Baum seinen Käufer gefunden. Jetzt stand nur noch ein letzter Baum in seinem Holzkreuz. Den würde er sicher auch noch loswerden.

Er ertappte sich dabei, dass er verstohlen über den Platz blickte. Doch der Mann war fort. Und es war, als wäre er nie da gewesen. Moser hatte keinerlei Erinnerung an ihn. Er wusste nur noch, dass da einer gewesen war. Aber er hätte ihn um kein Geld in der Welt beschreiben können.

Ach, was sollte das! Unnützes Zeug! Moser schüttelte sich. Ihm war kalt. Der Wind war schneidend geworden. Aber noch harrte er aus. Noch war ein Baum zu verkaufen. Es war immer sein Ehrgeiz gewesen, alle Bäume, bis auf den letzten, an den Mann zu bringen. Sonst war das Geschäft nicht perfekt, egal wie voll die Kasse war.

Aber heute wollte und wollte sich kein Käufer finden. Ein paar späte Heimkehrer blieben zwar kurz stehen, doch dann gingen sie mit leeren Händen davon. Niemand wollte den letzten Baum kaufen. Zu schwer wog wohl das Gefühl, etwas zu kaufen, was keiner mehr haben wollte. Dabei war der Baum gar nicht übel. Er hatte heute schon schlechtere verkauft.

Die Zeit verstrich. Der Platz leerte sich. Nur noch vereinzelt eilten Menschen durch die leeren Strassen, in denen ihre Schritte verhallten. Es begann zu schneien. Unter der wachsenden weissen Decke verstummte das Rauschen der Stadt.

Moser schlug seinen Mantel fest um sich und nahm einen Schluck aus dem Flachmann. Er wusste selber nicht, warum er noch hier war. Er wunderte sich über sich selbst, über seinen Starrsinn, kam sich wie ein trotziges Kind vor und schämte sich dafür. Aber er blieb, hockte ihn sich zusammengesunken auf einem Klappstuhl.

Plötzlich zuckte er zusammen. Vor ihm stand der Mann. Und wieder hatte er ihn nicht kommen sehen. War er eingenickt?

Der Mann sah ihn forschend an. Mit einem bleichen Gesicht, in dem die tiefen, dunklen Augen wie zwei Kohlestücke lagen. "Sie suchen einen Käufer?", fragte er, mit einer Stimme, die ein flüsternder Wind war.

Moser konnte die Worte wie einen eisigen Lufthauch spüren, der ihn frösteln liess. Er nickte stumm, leckte sich über die Lippen, die brannten.

"Dann kommen Sie!", sagte der Mann, und wieder fror Moser. "Suchen wir einen!"

Moser zögerte, doch er konnte der Aufforderung nicht widerstehen. Vielleicht ist ja noch ein letztes Geschäft zu machen, dachte er. Warum nicht? Aber etwas in ihm sagte ihm, dass er sich selbst nur zu beschwichtigen versuchte. Der Fremde war ihm nicht geheuer. Dennoch steckte er die Kasse in die Manteltasche, schloss den Stand ab und schulterte den Baum.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte sich der Mann um und ging voraus. Jetzt erst kam Moser auf den Gedanken, ihn genauer zu betrachten. Der Mann trug einen hohen Hut mit einer breiten Krempe und einen langen, dunklen Mantel, unter dem ein paar feste Stiefel zu sehen waren. Sonderbar altmodisch, ja altertümlich kamen ihm diese Kleider vor. Irgend so ein Maskenball wahrscheinlich, dachte Moser. Was ging es ihn an!

Sie kamen an einer Bank vorbei. Moser zögerte und blieb stehen. Der Fremde wandte sich um. Aber er sagte kein Wort, als Moser den Baum abstellte, den Inhalt der Kasse, bis auf einen Rest Wechselgeld, in einen Beutel schüttete und diesen in den Nachttresor einwarf.

Als sich Moser den Baum wieder auf die Schulter lud, drehte sich der Fremde ebenso wortlos wieder um und ging weiter. Er führte Moser durch die leeren Strassen, unter den erleuchteten Fenstern vorbei, aus denen das Flackern der Kerzen, das Lachen und Singen der Feiernden und das leise Klirren der Gläser zu hören waren.

Plötzlich löste sich ein dunkler Schatten aus dem Hauseingang eines jener mittelalterlichen Häuser, für die die Stadt berühmt war. Mosers Begleiter blieb stehen. Die dunkle Gestalt trat zu ihm und neigte sich zu seinem Mund. Wieder spürte Moser das Frösteln, das die Stimme des Fremden in ihm auslöste, aber er konnte kaum ein Wort verstehen. Nur das Wort ‹Käufer› wehte ihm kalt entgegen. Die Gestalt nickte und gab den Weg frei. So jedenfalls schien es Moser. Als würde ihnen erlaubt, eine Grenze zu überschreiten.

Sie gingen weiter. Moser blickte zurück und sah, dass die dunkle Gestalt sich ihnen angeschlossen hatte. Jetzt konnte er im fahlen Licht der Strassenlampen einen Mann erkennen, mit bleichem Gesicht, in dem die Augen in einer dunklen Tiefe versanken. Auch seine Kleider waren sonderbar altertümlich und von einer Pracht, die wie der Abglanz von etwas erschien, das gewesen war und lang schon vergangen.

Und wieder löste sich eine Gestalt aus den Schatten und noch eine. Immer mehr wurden es, seit sie die Altstadt erreicht hatten. Immer mehr traten zu seinem Führer und schlossen sich ihnen an, nachdem sie sie hatten passieren lassen, als sei das, was der Fremde zu ihnen sagte, eine mächtige Losung, die alle Wege öffnete. Nicht nur Männer, nein, auch Frauen, in Kleidern von schwerer Kostbarkeit, die unter den weiten Mänteln so sonderbar fern aufblitzten, als würde sich der Blick in etwas lang schon Versunkenes auftun.

Bald war die Schar, die ihnen folgte, gewaltig angewachsen. Wie eine dunkle Flut drängte sie sich hinter ihnen durch die Stadt, die Moser nun auf einmal wie tot erschien, wie ausgestorben, trotz all des Lebens hinter den Fenstern. Ja, gerade deswegen. Denn es war ihm, als wären die Wände der Häuser undurchdringliche Mauern, die ihn ausschlossen, von allem Lebendigen trennten und ihn dem Reich der Schatten preisgaben.

Ihm war kalt, und der Baum auf seiner Schulter wurde immer schwerer. Er spürte eine beunruhigende Verbindung zwischen dem Baum und der Menge, die ihm folgte. Etwas legte sich wie eine Last auf ihn und raubte ihm den Atem. Etwas wie eine Erwartung. Ja, das war es, eine Erwartung. Mehr noch, eine Forderung. Etwas wurde von ihm verlangt, und es war die dunkle Menge, die diese Forderung an ihn stellte, die etwas herbeisehnte, mit aller Macht. Er spürte es. Deutlich. Aber er wusste nicht, was es war, was von ihm erwartet wurde.

Wieder kam ihnen eine Gestalt entgegen. Doch diesmal war es einer wie er. Irgendein Spätheimkehrer, der ihm eilig entgegen kam.

In diesem Augenblick fühlte Moser, wie der Druck auf ihn wuchs, beinahe unerträglich wurde. Etwas trieb ihn zu diesem Mann, eine Kraft, die von aussen kam und doch auch ein Teil von ihm war, als hätte sich etwas in ihm eingenistet oder als wäre es in ihm erwacht. "Entschuldigen Sie!", sagte Moser.

Der Mann blieb stehen. Moser sah ihn erschrecken, mit wachsender Sorge in sein, Mosers Gesicht blicken. "Ja?", fragte der Mann und seine Stimme zitterte, aber nicht vor Kälte.

Moser wollte den Mann fragen, ob er einen Weihnachtsbaum brauche, ob er diesen Baum, Mosers letzten Baum, kaufen, mit ihm, Moser, ein letztes Geschäft abschliessen wolle. Aber dann schwieg er. Er konnte es nicht sagen. Als würde sich eine warnende Hand auf seine Lippen legen. Eine Hand, die das letzte war, was ihn noch von den schattengleichen Gestalten trennte, diesen Gestalten, die sie umringten, mit offenen Mündern, aus denen die Erwartung wie ein eisiges Stöhnen drang. "Nichts!", brachte er nur hervor.

Der Mann eilte weiter, als sei er entkommen, und Moser blickte ihm nach, als er durch die lauernde Menge eilte, ohne auch nur einen von ihnen zu sehen, das wusste Moser mit Bestimmtheit. Und obwohl keiner der Schatten sich von der Stelle bewegte, streifte der Flüchtende doch nicht einen von ihnen, so als würden seine und ihre Wege nicht dieselben sein und als würden sie sich auch niemals kreuzen.

Dann war er fort, und nur noch Moser war da, und um ihn ein Zorn, der ihn wie eine Mauer umschloss. Moser sah ein rötliches Glimmen in all diesen dunklen Augen, als hätte ein eisiger Wind die letzte Glut in diesen bleichen Gesichtern entzündet.

Das war zu viel. Das war mehr, als er ertragen konnte. Und er brach aus, durchbrach den Kreis, der sich wie Nebel öffnete und ihn ohne Widerstand passieren liess. Vor sich sah er die erleuchteten Fenster einer Wirtschaft. Über sich ein Schild, das in der Dunkelheit schwankte und ächzte. Er stolperte zum Eingang. Dort befreite er sich von seiner Last, riss den Baum von der Schulter und warf ihn gegen die Mauer. Dann stiess er die Tür auf und bahnte sich einen Weg zur Theke. "Ein Bier!"

Seine Stimme war nur ein Krächzen. Eine weissliche Hand schob ihm einen Becher zu, und Moser trank durstig. Wie gut das tat! Das war Leben! Das war wirklich! Das war er selber! Er fühlte sich leichter.

Dann hob er den Blick und sah sein Gesicht im fleckigen Spiegel an der Wand. Sein Gesicht? Diese bleiche Fläche mit den dunklen, tiefen Augen? War er das?

Er erschrak. Aber nicht nur über dieses fremde Gesicht, sondern auch über die Stille, die ihm jetzt bewusst wurde. Kein Lachen, keine Stimmen, kein Gläser-klirren erfüllten die Wirtschaft. Nur ein dumpfes, lastendes Schweigen.

Neben seinem Gesicht tauchten andere Gesichter im Spiegel auf, bleich wie seins, mit Augen, die in einer dunklen Tiefe versanken. Er fuhr herum und sah sie. In denselben altertümlichen Kleidern, von derselben versunkenen Pracht. Und mit derselben Erwartung, die nun nicht mehr zornig war, sondern wieder lauernd, abwartend.

Es gab kein Entkommen. Er wusste es. Er verliess die Wirtschaft und lud sich den Baum auf die Schulter, ohne sich umzublicken. Er wusste, dass sie ihm folgen würden, die aus dem Wirtshaus und auch die, die draussen auf ihn gewartet hatten. Er nickte seinem Führer zu, der sich stumm umwandte und ihm wieder vorausging, weiter durch diese Stadt, der dunklen Flut voran, von der Moser sich kaum noch unterschied. Einige letzte Gestalten schlossen sich ihnen noch an, glitten aus Hauseingängen und reihten sich ein. Dann, plötzlich, kam die düstere Gesellschaft zum Stillstand.

Moser blickte auf. Er erkannte den Marktplatz, vor sich das Rathaus. Der Schein der Lampen liess den Schnee und die Gesichter zu einem schmutzigen Weiss verschmelzen. Mitten auf dem Platz stand er. Sein Führer war nicht mehr zu sehen, war nur noch einer von den vielen, die sich auf dem weiten Platz verteilt hatten, wie zu einer letzten Versammlung, an der Endgültiges verhandelt werden sollte.

Moser spürte, dass der Augenblick der Entscheidung gekommen war. Noch verstand er nicht, was geschehen würde. Und noch begriff er die Rolle nicht, die ihm zugedacht war. Aber er wusste, dass sich etwas entscheiden würde, entscheiden musste.

Jemand näherte sich. Moser wusste, dass es einer war, wie er es gewesen war. Er erkannte es an der Art, wie er die Reihen der dunklen Gestalten durchschritt, ohne sie zu sehen oder ihnen auszuweichen. Moser liess den Baum von der Schulter gleiten und wartete. Er musste nichts mehr erzwingen. Es würde sich vollenden. Hier und jetzt.

Der Mann kam direkt auf ihn zu. Er war jung. Moser sah das Leben auf seinem Gesicht und in seinen Augen. Der junge Mann zögerte. Moser wusste warum. Er hatte sein eigenes Gesicht im Spiegel gesehen. Er wusste, was der junge Mann sah, was er fühlte. Aber dennoch überwand sich dieser und sprach ihn an. "Verkaufen Sie den Baum?"

Moser nickte stumm. Es ist soweit, dachte er.

"Was für ein Glück!", sagte der junge Mann und lachte.

Moser sah, wie die dunklen Gestalten zurückschraken, als wäre das Lachen ein ungehöriges Geräusch. Und er hoffte, dass es ihnen Schmerzen bereitete, so wie sie ihm Schmerzen antaten, auch jetzt, wo sie wieder näher drängten, mit ihren bleichen, starren Gesichtern, in deren Augen das rötliche Glimmen immer stärker wurde, als wollte sich in ihnen eine verzehrende Flamme entzünden.

"Ich habe überall gesucht", hörte er den jungen Mann sagen. "Aber überall waren die Bäume ausverkauft. Was für ein Glück, dass ich Sie treffe. Was soll er denn kosten?"

Moser zögerte. Obwohl die Forderung der düsteren Menge ihn nun wie eine eisige Faust packte, die ihn zwingen wollte, es zu sagen, das Geschäft, das letzte, endlich abzuschliessen. Es endlich zu Ende zu bringen.

Schon sah er den jungen Mann in seinen Taschen suchen. Dann machte sich Enttäuschung auf dessen Gesicht breit, als er die Rechte hervorzog und öffnete. Eine Münze lag darin, eine einzige Münze. "Ist das wirklich alles?", murmelte der junge Mann. "Oh je, das wird wohl kaum reichen. Aber mehr habe ich wirklich nicht."

Moser starrte auf die Münze. Sie brannte vor seinen Augen. Ein unheimliches Feuer ging von ihr aus, das ihn blendete. Ein Feuer, das sich ausbreitete und eins wurde mit der Glut in den Augen der lauernden Gesichter. Jetzt verstand er es. Alles. Dass er diesen letzten Baum verkaufen würde. Dass er sein letztes Geschäft abschliessen würde. Dass diese Münze, dieser lächerliche Preis, mehr wog als alles Geld, das er jemals eingenommen hatte. Und dass diese Gestalten auf diesen Augenblick gewartet hatten, ihm deshalb bis hierher gefolgt waren, um zu sehen, wie er diese Münze nahm, um endlich einer der ihren zu werden, so wie sie zu werden, so wie sie zu dem geworden waren, was sie waren, in all den längst vergangenen und versunkenen Zeiten. Vielleicht war dies eine letzte Genugtuung für sie, dass einer sich das antat, was sie sich angetan hatten. Seine Niederlage würde ein bitterer Trost für sie sein, von dem sie sich eine endlose Zeit ernähren mochten.

Moser sah seine Hand, die nach der Münze griff. Wieder lachte der junge Mann. Ein Lachen, das voller Glück war, voll kindlicher Freude. Ein Lachen, von dem eine Wärme ausging, die Moser wie etwas fühlte, das er lang schon vergessen hatte. Wie eine Erinnerung an die Kindheit, seine Kindheit, an Lichterglanz, an Lachen, sein eigenes Lachen.

Er zog die Hand zurück. Wie in einem Traum, der ihn umfing, der ihn jetzt schützte, vor der kalten Wut, die ihn von allen Seiten bestürmte, zog er seine Hand zurück und fasste nach dem Baum, nahm ihn von der Schulter und streckte ihn dem jungen Mann entgegen. "Hier, ich schenke Ihnen den letzten", sagte er, und mit jedem Wort wurde seine Stimme lebendiger. "Frohe Weihnacht!"

Der junge Mann sah ihn überrascht an. Dann lachte er wieder und griff zu. "Danke", sagte er. "Frohe Weihnacht! Von ganzem Herzen."

Er lud sich den Baum auf, nickte Moser noch einmal glücklich zu und ging davon. Moser blickte ihm nach, wie er über den leeren Platz ging, auf dem nichts mehr zu sehen war als der auf einmal unberührte Schnee, auf dem sich nur noch seine Spuren abzeichneten und die des jungen Mannes.

"Der letzte Baum – A Christmas Carol" im PDF-Format 

Zum Herunterladen, Ausdrucken und (Vor)Lesen – unterwegs oder zu Hause. 

Eine gemeinsame Adventsaktion von:

Lesen Sie mehr von und über Christopher Zimmer