Seit Mitte der 1980er Jahr geht der Boom der globalen Hotellerie mit einer noch nie da gewesenen Expansion des Finanzkapitalismus einher. Die Verknüpfung bzw. Synergie zwischen beiden besteht in der Schaffung eines riesigen Tourismusangebots in Form von Business-Clustern, die das traditionelle Hotel um ein breites Spektrum an Anreizen ergänzen, von Ferienwohnungen über Golfplätze und Yachthäfen bis hin zu Casinos.
Denjenigen, die die spekulativen Investmentfonds kontrollieren, welche bis zur Krise vom Herbst 2008 für den Turbokapitalismus charakteristisch waren, hat das positive gesellschaftliche Image des Tourismus als eine "Industrie ohne Schornsteine" und "Entwicklungsmotor" es ermöglicht, einen grossen Teil ihres Kapitals mit dunkler Herkunft zu waschen, während es gleichzeitig hohe Gewinne abwirft.

Steueroasen jenseits öffentlicher Kontrolle

Durch alle möglichen Finanzinvestitionstaktiken und die Beteiligung an strategischen Allianzen haben die skrupelloseren unter den transnationalen Konzerne der Hotellerie eine enorme Investitionsliquidität erzielt, mit der sie das Wachstum ihrer Aktivitäten auf einem Niveau vorantreiben konnten, das noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Die beiderseitigen Vorteile oder "Win-win-Strategien" (im neo-liberalen Jargon) konzentrieren sich darauf, einen grossen Teil der Finanz- und Kapitalströme durch ein dichtes Netz von Steueroasen zu schleusen – von der City of London über die Cayman-Inseln bis hin zur New Yorker Börse. Über Regierungen, Gesetze und Grenzen hinweg fungieren diese Oasen als Schmiergeld-Fonds für die marktbeherrschenden transnationalen Konzerne. Es gibt keinen transnationalen Konzern in der Hotellerie (oder in irgendeinem anderen wichtigen Wirtschaftssektor), der nicht mehrere Scheinfirmen mit Sitz in diesen "schwarzen Löchern" der internationalen Wirtschaft hat, die jenseits der öffentlichen Kontrolle und Transparenz liegen. Transnationalen Konzernen gelingt es, ihre tatsächlichen Gewinne der Überprüfung durch die Gemeinschaften, in denen sie als Hotel- und Immobilienunternehmen operieren, zu entziehen. Dass diese Gelder nicht offen gelegt werden, schadet insbesondere Ländern im Süden.
Mit dem Ausbruch der aktuellen globalen Finanzkrise ist die Notwendigkeit, den Aktionsspielraum dieser Steueroasen zumindest zu begrenzen, zu einer offiziellen Priorität geworden. Um tatsächliche Fortschritte zur Abschaffung oder Einschränkung dieser Offshore-Zentren zu erreichen, sind offensichtlich bedeutende Veränderungen im Geschäftsmodell der TNCs nötig. Wie auch im Rest der Wirtschaft muss das Gewicht der Finanzspekulation zugunsten produktiver Investitionen drastisch reduziert werden. Doch die Wahrheit ist, dass über drei Jahre nach dem Niedergang der Lehman Brothers dieses lobenswerte und notwendige Ziel noch immer reines Wunschdenken ist und noch immer keine praktischen Ergebnisse erzielt wurden.
Ein weiteres Merkmal transnationaler Konzerne im Tourismus ist ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem demokratischen oder diktatorischen Charakter politischer Regime bei Standortentscheidungen. In diesem kaum regulierten Wirtschaftssektor können die Konzerne vorrangig in Staaten investieren, in denen keine regimebedingten "Unsicherheiten" bestehen, wie zum Beispiel in der Dominikanischen Republik, Mexiko, Indonesien und Marokko, statt in demokratischen Systemen. Wie im Fall der Balearen und Spanien, die von 1955 bis Ende der 1970er Jahre als Testfeld genutzt wurden, besteht der Modus operandi darin, ein mächtiges Netzwerk von "Freunden" vor Ort zu manipulieren, um ein sicheres Szenario für Investitionschancen und die Rückführung von Gewinnen ins Ausland sicherzustellen. Dieses Szenario beinhaltet niedrige Löhne in ungelernten Jobs und staatliche Unterstützung für eine bessere Verkehrsinfrastruktur (vor allem Flughäfen, Häfen und Autobahnen), Stromversorgung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Partnerschaften mit lokalen Eliten führen zu Korruption und machen es möglich, den Wohlstand, der durch Tourismus generiert wird, ungehindert ins Ausland umzulenken.
Die transnationalen Konzerne erwarten vom Staat, dass er sie bei ihren Projekten unterstützt. Er soll möglichst viele öffentliche Mittel in die Infrastruktur stecken, um die konstante Expansion des Beherbergungssektors zu ermöglichen und er soll mit millionenschweren internationalen Werbekampagnen eine aktive Rolle bei der Vermarktung ihrer Angebote spielen. Natürlich geht der den Interessen der Konzerne folgende Einsatz dieser Unsummen an öffentlichen Geldern zu Lasten von Investitionen in die menschliche Entwicklung der Gesellschaften, die theoretisch davon profitieren. Wo immer Flughäfen und Autobahnen aus dem Boden gestampft werden, Wasseraufbereitungsanlagen und Müllverbrennungsanlagen entstehen und sagenhafte Beträge dafür verschleudert werden, die Ferienangebote privater Unternehmen zu bewerben, gehen die Investitionen in die Bildung, in das Gesundheitswesen und in die soziale Wohlfahrt in der Regel zurück oder werden ganz gestrichen, wie häufig im Falle des sozialen Wohnungsbaus.

Entwicklungshilfe zur Erschliessung von Märkten

Ferner werden Kredite aus der ausländischen Entwicklungshilfe von transnationalen Konzernen selbst genutzt, um in neuen touristischen Zielgebieten Märkte zu erschliessen – mit der begeisterten Unterstützung der vermeintlichen "Geberstaaten". Die Folge ist, dass die Volkswirtschaften sich bei der Besteuerung, den sozialen und Arbeitsrechten und dem Umweltschutz an einer abwärts führenden Konkurrenzspirale beteiligen müssen, um die Aufmerksamkeit transnationaler Konzerne auf sich zu ziehen. Zu den ersten Opfern gehören kleine und mittelständische Unternehmen und Erzeuger vor Ort, deren Einnahmen dadurch geschmälert werden, dass sie von den all-inclusive-Anlagen ausgeschlossen sind, die fast ausschliesslich mit importierten Gütern und Dienstleistungen versorgt werden. Je ärmer das Land, desto drastischer werden Planungsvorschriften und die demokratische Verwaltung der Region, der Wirtschaft und der Umwelt abgebaut und desto weitreichender ist die darauf folgende Privatisierung öffentlicher Güter wie Wasser oder Land.
Nicht zuletzt sollte deutlich gesagt werden, dass das Verhältnis zwischen transnationalen Konzernen und den Ländern, in denen sie ihre Projekte umsetzen, auf Erpressung beruht. Zum Beispiel haben die grossen spanischen Konzerne keine Zeit verschwendet, durch die von Inverotel (dem spanischen Investorenverband in der internationalen Hotellerie) geschaffene Plattform eine Lobby zu etablieren, um für ihre immer grösseren Projekte noch vorteilhaftere Bedingungen von Regierungen in Ländern wie Costa Rica, Jamaika, der Dominikanischen Republik und Mexiko zu bekommen. Als sie in Jamaika mit den ersten Anzeichen von öffentlichem und staatlichem Druck konfrontiert waren, sich an die Gesetze zu halten, entschieden sie, sich aus neuen Projekten zurückzuziehen oder diese vorerst auf Eis zu legen, um Gegendruck zu erzeugen, anstatt die Entscheidungen der Institutionen des Landes zu respektieren.
Der Tourismus hat enormen direkten und indirekten Einfluss auf die globale Wirtschaft. Er weckt die Erwartung, dass das Wachstum auf einem Planeten mit prekärer Umweltsituation nicht endet. Er leidet unter der Hegemonie transnationaler Konzerne und ihren Synergien mit einem von schnellen privaten Profiten verblendeten Finanzkapitalismus, und er spielt eine Rolle beim Versagen, in den betroffenen Ländern Fortschritte bei der menschlichen Entwicklung zu erzielen. All dies trägt dazu bei, dass der Massentourismus ein ernstes Hindernis bei der Aufgabe darstellt, eine zukunftsfähige Welt zu schaffen, in der Gemeinschaften zählen und Demokratie eine alltägliche Realität ist.


Joan Buades ist Mitglied des Teams von Alba Sud, Spanien. Er arbeitet zudem für die Research Group on Sustainability and Territory (GIST) an der Universität der Balearen (UIB) und andere soziale Organisationen.