Gerne rühmt sich die Schweizer Politik des grossen Engagements im Bereich Kinderschutz. Beim Thema kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern allerdings hinkt sie Ländern wie Deutschland oder Thailand hinterher. Schon im Jahr 2002 legte ein Bericht von ECPAT Switzerland/arge kipro den Handlungsbedarf in der Schweiz zur Bekämpfung der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern offen. Der Bericht verlangte die Schaffung eines nationalen Aktionsplanes von bedeutendem politischen Format, der die Wichtigkeit des Themas auf allen politischen Ebenen und in allen Departementen widerspiegle. Obgleich die Schweiz an zwei Weltkonferenzen gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern teilnahm und die dortigen Abschlussdeklarationen mittrug, wurden bislang nur kleine Schritte gegangen. Das soll nun anders werden. Am 11. März 2005 hiess der Bundesrat den Bericht zum Vernehmlassungsverfahren «Fakultativprotokoll zur Kinderrechtskonvention betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie» vom 25. Mai 2000 und die entsprechende Änderung der Strafnorm über den Menschenhandel gut. Unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung beschloss er, dieses Fakultativprotokolls zur Kinderrechtskonvention zu ratifizieren. Damit sind für den Bund die Grundlagen und Voraussetzungen geschaffen, um Massnahmen zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern umzusetzen.
Höchste Zeit, dass dabei auch der Strafverfolgung im Bereich Tourismus besondere Achtung zukommt und Vergehen von Schweizer Sextouristen an Kindern seriös geahndet werden. Präzedenzfälle haben vor Jahren bereits bezeigt, dass Schweizer Reisende, die im Ausland Kinder sexuell ausgebeutet haben, am Tatort oder in der Schweiz strafrechtlich verfolgt und verurteilt werden können. In jüngster Zeit kam es allerdings im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern kaum mehr zu entsprechenden Verfahren.
Im Vergleich zu Nachbarländern und Tourismusdestinationen im Süden hat auch die Schweizer Tourismusbranche einen grossen Nachholbedarf bei Massnahmen zum Schutz der Kinder. Erst 2003 unterzeichnete Hotelplan AG als erster Schweizer Veranstalter den internationalen Verhaltenskodex gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus (siehe akte-Kurznachrichten 3/2003). Im Rahmen dieses Pilotprojektes wurde ein «Runder Tisch» gegründet, der das Engagement zum Schutz der Kinder im Tourismus gezielt stärken will. Bisher gehören ihm ECPAT Switzerland und Deutschland, der arbeitskreis tourismus & entwicklung und Vertreter von Hotelplan AG an. Das soll nicht so bleiben. Denn der «Runde Tisch: Forum zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus» bietet sich jetzt als ein geeignetes Multi-Stakeholder-Instrument an, um die dringend notwendigen Schritte im Tourismusbereich im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung zum Tragen zu bringen. Er soll Vertreterinnen und Vertreter aus Tourismuswirtschaft, -verbänden, Fachausbildung, Bund und Kantonen, Nichtregierungsorganisationen und Strafverfolgungsbehörden zusammenführen und Synergien für einen wirksamen Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus schaffen. Dabei stellt der «Runde Tisch» ein Forum dar, das die Möglichkeiten und Grenzen seiner Mitglieder berücksichtigt, ein gemeinsames Verständnis entwickelt und entsprechende Konzepte erarbeitet. Als Kompetenzzentrum für das Thema sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus bietet er Unterstützung bei der Umsetzung von Massnahmen und ermöglicht den interdisziplinären Austausch auf regionaler, nationaler wie auch internationaler Ebene. Der «Runde Tisch» will zur Einführung des «Code of Conduct» zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus ermutigen, Erfahrungen anderer Unternehmen und Akteure weitergeben und konkrete Hilfestellung bei Implementierung, Berichterstattung und Monitoring geben. Die Zeit ist reif für ein gemeinsames Vorgehen aller Partner! /cosa-plusQuellen: Zwischen Stockholm und Yokohama, ein Bericht von ECPAT Switzerland/arge kipro, Feb. 2002; interne Informationen vom «Runden Tisch: Forum zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus».