Basel, 14.10.2014, akte/ Burmesisch schallt es auf der thailändischen Insel Koh Tao durch die Tropengärten der teuren Resorts, wo junge Frauen mit langen Zöpfen und Thanaka-Paste auf ihren Gesichtern Bungalows reinigen und junge Männer in der traditionellen burmesischen Kleidung der Shan die Wege jäten.
Etwa 70 Prozent der Arbeit der Tourismusbranche auf Koh Tao wird von Kellnern, Putzfrauen, Verkäufern und sogar Hotel- und Restaurantmanagern aus Burma geleistet. "Die Thais stehen nicht mehr auf diese Jobs. Sie besitzen einfach die Unternehmen und kommandieren ihre Angestellten rum", erklärt ein alteingesessener Tauchreise-Veranstalter und fügt hinzu, dass er es vorziehe, mit den wachen, fleissigen und loyalen BurmesInnen zu arbeiten.
Auf der Insel ist die Umgangssprache der Thais Englisch, weil sie so selten auf andere Thais treffen. Weit ab von den politischen Unruhen in Bangkok und der langen Geschichte der Ausbeutung von WanderarbeiterInnen in Nordthailand scheint hier die Lage recht friedlich. Zumindest, wenn man von der harten und gefährlichen Arbeit absieht, welche die BurmesInnen zu Wasser für die thailändische Fischereiindustrie leisten.

Bessere Bedingungen als im Norden

Während des Tsunamis 2004 und der Überschwemmungen 2011 starb eine unbekannte Anzahl illegaler burmesischer WanderarbeiterInnen auf Koh Tao. Heutzutage arbeiten BurmesInnen legal auf der Insel und verdienen fast das Gleiche wie die Thais. Der Kellner Ko Thura betont, dass man hier sein Geld viel einfacher verdiene als im Norden Thailands. Gerade aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise ist Thailand stark von den ArbeitsmigrantInnen abhängig, um die wichtige Tourismusbranche über Wasser zu halten, während immer weniger TouristInnen kommen, weil sie von den Reisewarnungen ihrer Aussenministerien entmutigt werden.
"Wir zahlen 1’000 Thai Baht (etwa 30 CHF) bei unserer Ankunft und danach 500 Baht monatlich für unsere Arbeitsbewilligung", sagt Ko Aung, ein anderer Kellner. "Polizisten ziehen das Geld in den Resorts und Restaurants ein." Ausserhalb des Kontrollblicks der Behörden in Bangkok scheinen diese lokalen Arrangements allen zu dienen – der thailändischen Polizei, den thailändischen Besitzern und auch den burmesischen ArbeiterInnen, die sich nach eigener Aussage hier sicher und gut behandelt fühlen.
Obwohl BurmesInnen hier weniger Übergriffe befürchten müssen, als dies vielleicht in den Sweatshops von Mae Sot der Fall wäre, bleiben sie der Polizei gegenüber wachsam. Solche "Gebühren" müssen nicht nur für das Recht bezahlt werden, einen Scooter zu fahren, sie fallen auch für jeden an, der nach acht Uhr abends draussen erwischt wird. Angesichts der langen Öffnungszeiten von Restaurants und Bars müssen die Polizisten ansehliche Profite mit den MigrantInnen machen.

Heimweh

Die meisten WanderarbeiterInnen vermissen ihre Familien und ihre Heimat. Sie stammen meist aus den südlichen Regionen Burmas wie der Tanintharyi-Division (im südöstlichen Irrawaddy-Tal) oder den sogenannten "Staaten" der Mon und Karen, und einige schaffen es, etwa einmal pro Jahr zurückzukehren.
Ma Mala, 21-jährig, verkauft Kleider in einem Laden und hat sichtlich Angst vor ihrer Chefin. Sie vermisst ihre Heimat, die Hafenstadt Dawei, und plant zurückzukehren, sobald sie etwas Geld gespart hat. Andere haben nicht im Sinn zurückzukehren: Ko Myo arbeitet als Hilfsarbeiter auf einem Boot, das TouristInnen zu Schnorchelgängen fährt. Der 23-Jährige stammt von einer Insel im Süden Burmas, die er bereits als Teenager verlassen hat.

Trotz Reformen in Burma verlassen die Jungen das Land

Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Schwierigkeiten sind die vorrangigen Ursachen für die Auswanderung. Auch zweieinhalb Jahre nach Beginn des burmesischen Reformprozesses ist die Abwanderung der Jungen aus den ländlichen Gebieten ungebremst. Sie suchen Arbeit im Ausland. "Agenturen" organisieren ihnen die Reise nach Thailand, Malaysia und sogar Südkorea und Japan. Um nach Ostasien zu gelangen, müssen Jobsuchende Tests bestehen und höhere Summen zahlen.
Bei den umfangreichen Investitionen und der wirtschaftlichen Entwicklungshilfe, die zurzeit nach Burma fliessen, fragt man sich, wie diese Diaspora-BurmesInnen wieder ins Land geholt werden könnten. Angesichts des Mangels an ausgebildeten, englischsprechenden Fachkräften für Burmas wachsende Tourismusbranche müsste doch die in Thailand gesammelte Erfahrung sowohl mit asiatischen wie internationalen TouristInnen ein Argument für ihre Anstellung sein. Doch bislang treiben fehlendes Einkommen und die Ünmöglichkeit einen Beruf zu erlernen die Jungen weiterhin aus dem Land.

Sündenböcke?Nach der Ermordung von Hannah Witheridge (23) und David Miller(24) am 15. September nahm die thailändische Polizei umgehend zwei Burmesen fest. Offenbar wurden sie geschlagen und unterzeichneten unter Androhung von Elektroschocks ein Schuldgeständnis, das sie später wieder zurückzogen. Gemäss Menschenrechtsgruppen leben rund vier Millionen BurmesInnen in Thailand. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sie als Sündenböcke herhalten müssten. Der Thailändische Premierminister Prayuth Chan-ocha verteidigte das Vorgehen der thailändischen Polizei anlässlich seines Besuchs beim burmesischen Präsidenten Thein Sein von Anfang Oktober.*

Sündenböcke?Nach der Ermordung von Hannah Witheridge (23) und David Miller(24) am 15. September nahm die thailändische Polizei umgehend zwei Burmesen fest. Offenbar wurden sie geschlagen und unterzeichneten unter Androhung von Elektroschocks ein Schuldgeständnis, das sie später wieder zurückzogen. Gemäss Menschenrechtsgruppen leben rund vier Millionen BurmesInnen in Thailand. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sie als Sündenböcke herhalten müssten. Der Thailändische Premierminister Prayuth Chan-ocha verteidigte das Vorgehen der thailändischen Polizei anlässlich seines Besuchs beim burmesischen Präsidenten Thein Sein von Anfang Oktober.*