Der Uluru ist nicht zum Klettern da
Rot, mächtig und irgendwie übernatürlich: Der Uluru fasziniert. Der 350 Meter hohe Felsen steht für viele Touristen auf der Liste der unbedingt zu besuchenden Sehenswürdigkeiten Australiens. Und für nicht wenige der Reisenden gehörte es bisher dazu, den Felsen auch zu besteigen. Zwar stehen am Ausgangspunkt Schilder, wonach die lokalen Aborigines bitten, dies zu unterlassen. Doch verboten ist die Besteigung nicht. Vielmehr erweckt eine Eisenkette entlang des ausgetretenen Weges den Eindruck, dass das OK sei.
Das Heiligtum der Aborigines liegt im Zentrum des australischen Kontinents
Doch in zwei Jahren wird damit Schluss sein. Die Führer der lokalen Ureinwohner und Vertreter der Nationalparkbehörde haben gemeinsam beschlossen, dies ab dem 26. Oktober 2019 zu verbieten. Der Uluru sei nicht Disney Land, sagte einer der Elders, als er den einstimmigen Entscheid bekanntgab.
Das Datum ist symbolträchtig: Denn an diesem Tag im Jahr 1985 erhielten die Aborigines die Landrechte über den berühmten Felsen zurück. Seither wird landläufig der Name Uluru verwendet, wie die Aborigines seit Urzeiten sagen. Vorher war der Fels besser als Ayers Rock bekannt – als die ersten Europäer 1873 den Felsen "entdeckten", benannten sie ihn nach dem damaligen Premierminister der Kolonie South Australia, Henry Ayers.
Golfen, strippen, pinkeln
Für Aussenstehende war Uluru nur ein Fels unter vielen andern. Darum dachte auch kaum jemand darüber nach, wenn er ihn bestieg. Dass Uluru für die Aborigines ein Heiligtum ist, kümmerte die wenigsten. Ein Sportler prahlte damit, von der Spitze einen Golfball zweieinhalb Kilometer weit geschlagen zu haben, eine Französin zog sich auf dem Fels aus, "weil die Aborigines ja auch nackt seien".
Und da es auf dem Berg keine Toiletten gibt, wurden auch immer wieder Besucher beim Pinkeln beobachtet. Verfechter der Aborigines fragten vergeblich, wie die westliche Welt reagieren würde, wenn man das gleiche im Petersdom in Rom machen würde. Immer wieder kam es auch zu Unfällen, wenn Wanderer den markierten Weg verliessen. Seit den 1950er Jahren sind 36 Personen am Uluru umgekommen, den letzten Toten gab es 2010.
Immer weniger Kletterer
Seither war der Aufstieg immer wieder geschlossen, vor allem, wenn das Wetter nicht gut war. Im laufenden Jahr war der Zustieg nur gerade an einem von fünf Tagen offen. Und immer weniger Besucher steigen auf den Felsen. In den 1990er Jahren taten dies noch drei von vier Personen, die den langen Weg ins Innere des roten Kontinents hinter sich hatten. 2010 waren es noch 38 Prozent und 2015 fiel die Zahl auf 16,5 Prozent – auffallend war, dass sich Australier weniger um die Gefühle der Ureinwohner scherten als ausländische Besucher und den Uluru häufiger bestiegen. Dennoch verlor das Argument, dass keine Besucher mehr kämen, wenn diese Uluru nicht besteigen dürften, immer mehr an Gewicht. Dass die Schliessung erst in zwei Jahren erfolgen soll, wird damit begründet, dass Touristen, die schon Reisepläne gemacht hätten, diese noch umsetzen können.