In Der zerrissene April erzählt Ismail Kadare die Geschichte der albanischen Blutrache, die nach einem tausendjährigen Gesetzeskodex noch bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein gültig war. Hoch oben in den albanischen Bergen leben zwei Familien, die seit Generationen miteinander im Blut sind. Auf dem Friedhof wurden bereits je vierzig Opfer bestattet. Jetzt ist Gjorg Berisha an der Reihe zu morden. Er weiss, nach der Tat bleiben ihm noch dreissig Tage Frist, in denen sein Leben nicht angetastet werden darf. Nur ein halber März und ein halber April "wie zwei bereifte Hälften eines abgebrochenen Zweiges". Mit dem Blutgeld, das er im Turm von Orosh abzugeben hat, streift Gjorg Berisha nach seiner Tat durch das Hochland, höchst empfänglich für alles, was ihm begegnet, für Freude und Leid, für Schmerzen und Glück, für Grosses und Kleines. Zur gleichen Zeit befindet sich der Schriftsteller Vorpsi aus Tirana mit seiner Frau Diana auf Hochzeitsreise in dem unzugänglichen Bergland, angezogen von den Mythen und Legenden der Region. Die zufällige Begegnung von Gjorg mit der jungen Städterin wird für beide bedeutsam: während er in ihr den Inbegriff des Lebens sieht, erinnert er, der vom Tod gezeichnete, sie an die Vergänglichkeit ihres behüteten Daseins.  

Ismail Kadare: Der zerrissene April, Fischer Taschenbuch 2003, 240 Seiten. CHF. 17.90. ISBN: 978-3-596-15761-7.