Die Heimat riecht nach Guaven
Die zehnjährige Darling lebt in Paradise, einem Blechhüttenviertel von Bulawayo. Mit ihren Freundinnen geht sie Guaven klauen im Reichenquartier Budapest. Die Kinder, verspielt und rotzfrech, amüsieren sich beim Imitieren einer Tanzshow à la Lady Gaga oder spielen -mit einem Backstein als Kamera – den Auftritt einer NGO im Quartier nach. Das Leben ist hart, der Hunger ständig präsent, die elfjährige Chipo wurde von ihrem Grossvater vergewaltigt und ist schwanger. Darlings Vater kehrt, an Aids erkrankt, von den südafrikanischen Minen zurück. Doch trotz aller Schwierigkeiten schlägt bei den Kindern immer wieder die Lebens- und Abenteuerlust durch. Und mit ungezwungenem, klarsichtigem Humor kommentiert Darling, was sie beobachtet: die merkwürdige Lebensweise der reichen Weissen, die skurrilen Praktiken der Pfingstkirche in Paradise, die Enttäuschung nach den Wahlen und die vergeblichen Hoffnungen auf den politischen Wandel. Es entsteht ein lebensnahes, intensives Bild der Realität der einfachen Bevölkerung in Zimbabwe.
Schliesslich bekommt Darling die Chance zu ihrer Tante Fostalina nach Amerika zu ziehen und dort die High School zu besuchen. Die Erwartungen sind riesig, die Wirklichkeit ist ernüchternd. Es ist kalt hier und leer draussen im Freien, die Leute haben Probleme, die Darling nicht versteht. Mit derselben erfrischenden Unverblümtheit wie über das Leben in Paradise, schreibt sie über die merkwürdigen amerikanischen Lebensgewohnheiten, die Magersucht eines reichen Mädchens, das Betrachten von Pornos mit Freundinnen im Keller. Sie beobachtet, wie die afrikanischen Immigranten sich oft unsicher und übertrieben angepasst verhalten, und viele sich aus Angst, als Illegale entdeckt zu werden, fast unsichtbar machen. Hier gibt es viel Essen, zu viel, aber es macht Darling nicht satt, es ist als ob sie Hunger nach ihrem Land hätte, den nichts zu stillen vermag – Sehnsucht nach dem Duft reifer Guaven.
Ein lebensnaher, intensiver Roman, der mitten hineinführt in das Leben der Menschen in Zimbabwe wie auch in die Problematik der Entfremdung und des Identitätsverlusts in der Emigration.
NoViolet Bulawayo: Wir brauchen neue Namen. Suhrkamp Taschenbuch, Berlin 2016.261 Seiten, CHF 14.90, D: 9,99 € , A: 10,30 €. ISBN: 978-3-518-46651-3