Die Kunas in Panama bestimmen die Tourismus-Entwicklung selbst
Das an der Atlantik‑Küste Panamas lebende indianische Volk der Kunas hat es schon den spanischen Kolonialisten schwer gemacht. Dem unabhängigen Staat Panama trotzte es ebenfalls weltgehende Autonomie ab. Weshalb sich nun also den TouristInnen unterwerfen? Die oberste Vertretung des Volkes, der Kongress der Kunas, hat 1996 ein Tourismus‑Statut verabschiedet, das die touristische Entwicklung des Kuna‑Territoriums regelt und BesucherInnen zu angepasstem Verhalten verpflichtet. Die Kunas kennen aus eigener Erfahrung im Umgang mit den TouristInnen, was an Übertretungen ihres Gastrechts vorkommt und deshalb mit Regeln und Verboten belegt werden muss. Das Tourismus‑Statut behandelt in der offensichtlich notwendigen Ausführlichkeit die Fragen der wirtschaftlichen Kontrolle des Tourismus, der ökologischen und sozialen Angepasstheit der touristischen Projekte sowie des Verhaltens der einzelnen Reisenden. Grundgesetz ist, dass es nur Kunas vorbehalten ist, im Kuna‑Gebiet Tourismus anzubieten. Konkret weisen die Kunas damit Ansinnen auswärtiger Investoren zurück, in ihrem Gebiet Ferienclubs zu errichten oder Abenteuerreisen im Tropenwald durchzuführen. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht über jegliches touristisches Projekt kontrollieren die Kunas dadurch, dass sie für jedes Projekt volle Transparenz über die Finanzierung verlangen. Artikel 1 des Statuts schreibt fest, was gefördert werden darf «Tourismusangebote und die dafür notwendige Infrastruktur, die sowohl natürliche Ressourcen, die Umwelt, die biologische Vielfältigkeit der Gegend als auch die soziokulturellen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen Werte sowie Normen und Bräuche der Kunas respektieren, erhalten, wertschätzen und schützen.» Detailliert regelt das Statut dann, welche Aktivitäten, Eingriffe oder Verhalten (inklusive Bekleidung der Reisenden) die Kuna‑Welt und ‑Umwelt bedrohen und deshalb verboten sind. Die Kunas sind gewillt, dem Reglement auch Nachachtung zu verschaffen. Der Kongress befügt die lokalen Autoritäten, bei Nicht‑Beachtung der Normen Geldstrafen bis zu 10’000 US‑Dollar zu verhängen oder BesucherInnen auszuweisen. Bei Übertretungen durch BetreiberInnen touristischer Anlagen können die Einrichtungen durch den Kongress konfisziert werden. Die Kunas haben eine lange Tradition der Selbstbestimmung. Dem Nationalstaat Panama rangen die Kunas eine weitgehende Autonomie ab. Politisch besitzen sie eine Struktur von Ältestenräten in den Gemeinden sowie Regional‑ und Generalkongressen, die aktiv den Herausforderungen durch die «moderne», industrialisierte Welt begegnen und sich, wie das Tourismus‑Statut zeigt, nicht scheuen, klar für den Erhalt der Kultur und die Interessen der Kunas politische Entscheide zu fällen.
Mark Schmid