Die Malediven kommen mit dem Abfall der Touristen nicht klar
Basel, 23.10.2012, akte/ "Wer auf ein schönes Sonnenbad aus ist, möchte nicht auf Thilafushi sein. Hier brennen Tag und Nacht offene Feuer." So beginnt ein kurzer Videobeitrag, mit dem Al Jazeera im Mai 2011 auf den verantwortungslosen Umgang mit dem Abfall aus den Tourismusresorts aufmerksam machte. Die Al Jazeera-Reporter waren vom Geschäftsführer von Bluepeace, Ahmed Ikram, zu einem Rundgang auf Thilafushi eingeladen worden.
Wandlung vom Paradies zur Gifthölle
Vor zwanzig Jahren war Thilafushi ein unberührtes Korallenriff. Heute ist es eine sieben Kilometer lange Abfallhalde für die rund 1’200 anderen Inseln, aus denen die Malediven bestehen. Die Journalisten, deren Augen und Nase vom beissenden Rauch nach wenigen Minuten irritiert waren, sahen mit eigenen Augen, wie ein paar Schiffe, die vom nahen Taj Resort kamen, ihre Ladung löschten. Von Gesetzes wegen müsste aller Abfall von den Resorts aufbereitet werden. Der Grünabfall müsste kompostiert und die Plastikflaschen rezykliert werden. Doch nichts davon geschehe, kritisierte Ikram: "Niemand überwacht das. Die Gesetze werden nicht durchgesetzt, und die Tourismusbranche übernimmt ihre ethisch-moralischen Aufgaben nicht." Die einzige Aufbereitung des Abfalls geschieht durch Arbeiter aus Bangladesh. Sie durchforsten den Abfall nach rezyklierbarem, verkäuflichen Gut. Die Reporter erfuhren, dass sie von der Regierung auch dafür bezahlt werden, den Abfall zu verbrennen, wobei unbekannte Toxine freigesetzt werden.
7,5 Kilogramm Abfall pro Gast und Tag
Umweltaktivisten zufolge fallen für jeden Touristen, der die Malediven besucht, täglich über 7,5 Kilogramm Abfall an. Der Grossteil des Abfalls auf Thilafushi stammt vom Tourismus. Ungeschützt wird er auf die Halde geschworfen. Aus leckenden Fässern mit Sondermüll lösen sich giftige Chemikalien, verschmutzen das einst reine Wasser und gelangen in die Nahrungskette.
Obwohl die Malediven zu den Topdestinationen für Luxusferien gehören, ist das Land sehr arm geblieben. Umweltminister Mohamed Aslam erklärte dem Al Jazeera-Team: "Die internationale Gemeinschaft hat seit Jahren versprochen, richtige Anlagen für die Aufbereitung des Abfalls zu bauen. Die Umwelt wartet nicht, bis alle erforderlichen Prozesse und Verfahren durchlaufen sind. Ich denke, das müsste schneller gehen." In den letzten Jahren sind verschiedene kleine Firmen für Abfallrecycling entstanden. Aber der Gewinn ist mager und die Angestellten arbeiten unter unhygienischen Bedingungen. Und die Abfallberge auf Tilafushi türmen sich immer höher.
Einige Schiffe kippen den Müll gleich ins Meer
Im Dezember 2011 reagierte die Regierung und verhängte ein befristetes Verbot für die Deponie von Abfall von den Touristenresorts. Der Abfall hatte begonnen, sich in der ganzen Lagune zu verteilen. Da es technische Probleme beim Löschen gab, mussten die Schiffe bis zu sieben Stunden vor Thilafushi ankern. Einige der Abfallschiffskapitäne warteten erst gar nicht auf die Löscherlaubnis, sondern verklappten den Hotelmüll direkt in der Bucht.
Der Leiter der maledivischen "Umweltschutzagentur" der Regierung, Ibrahim Naeem, sagte damals, Thilafushi werde so lange geschlossen, bis eine sichere Abfallaufbereitung gewährleistet werden könne. Doch schon im Mai 2012 erschien eine neue Dokumentation, diesmal von BBC, die belegte, dass sich nichts geändert hatte.